Dr. van Gils, wie können Wearables in der modernen Kardiologie eingesetzt werden?
Dr. Mark van Gils: Die Rehospitalisierung von Herzpatienten aufgrund von Herzinsuffizienz ist ein wichtiger Faktor, wenn wir die Gesamtkosten der kardiologischen Versorgung und des Behandlungserfolgs betrachten. Etwa 20-25 Prozent aller Patienten, die wegen Herzinfarkt oder Herzinsuffizienz behandelt wurden, werden innerhalb der ersten 30 Tage nach der Entlassung wieder aufgenommen. Die Mehrzahl dieser Wiederaufnahmen könnte vermeidbar sein. Angesichts der hohen Kosten für die Behandlung von Patienten mit Herzinfarkt würde eine genaue Vorhersage dieser Ereignisse vermutlich dazu beitragen, dass kostensparende Präventivmaßnahmen eingeleitet werden können.
Mit modernen Wearables können wir auf unauffällige und kostengünstige Weise bobachten, wie es Patienten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus zu Hause geht. Die Analyse dieser Daten ermöglicht es uns, Trends oder Ereignisse zu erkennen, die darauf hindeuten, dass sich der Zustand des Patienten in eine bestimmte Richtung entwickelt, die möglicherweise eine Intervention erfordert. So können wir frühzeitig auf Situationen reagieren, die für den Patienten zu schwerwiegenden Komplikationen führen können.
Welche Herzkrankheiten lassen sich mit Wearables besser überwachen und managen, als zum Beispiel durch regelmäßige Arztbesuche?
van Gils: Die oben beschriebenen Fälle von Herzinfarkt und Herzinsuffizienz würden in den kritischen Wochen oder Monaten nach dem Krankenhausaufenthalt von einer kontinuierlichen Überwachung zu Hause profitieren. Ein Arztbesuch hin und wieder wäre zu selten, um Veränderungen schnell genug zu erkennen.
Bei einer breiteren Betrachtung gibt es die Fälle, in denen Patienten im Rahmen des Krankheitsmanagements langfristig angeleitet werden können, ein gesünderes Leben zu führen, beispielsweise durch mehr körperliche Aktivität.
Darüber hinaus können Wearables auch präventiv eingesetzt werden, um Menschen zu einem aktiveren Lebensstil zu motivieren, wenn sie in Softwareanwendungen integriert sind, und so die Risikofaktoren zu reduzieren.
Was können wir aus den gesammelten Daten lernen?
van Gils: Die Daten werden wesentlich kontinuierlicher aufgezeichnet als die ‚Stichproben‘, die im Krankenhaus oder beim Arztbesuch durchgeführt werden. Sie spiegeln somit eine differenziertere Sichtweise des Patienten in der Praxis wider, Veränderungen können schneller erkannt werden. Zusätzlich können wesentliche Dinge wie Stress/Entspannung, Schlafgewohnheiten und -qualität beobachtet werden. All dies trägt dazu bei, ein Gesamtbild des Patienten darzustellen, das uns, zusammen mit den Daten, die wir auf herkömmlichem Wege im professionellen Versorgungsumfeld gemessen haben, einen genaueren und persönlicheren Überblick über jeden einzelnen Patienten gibt.
Inwiefern würden Patienten und medizinisches Personal davon profitieren?
van Gils: Eine frühere Erkennung oder gar Vorbeugung von Komplikationen würde die Lebensqualität der Patienten und ihrer Angehörigen erhöhen und Kosten und Ressourcen sowohl für die Gesundheitsdienstleister als auch für die Gesellschaft im Allgemeinen sparen.
Was wird der Schwerpunkt Ihres Vortrags im MEDICA CONNECTED HEALTHCARE FORUM sein? Was können Besucher erwarten?
van Gils: Der Vortrag behandelt Beispiele aus F&E-Projekten, in denen wir uns auf die Situation von Herzinfarkt- und Herzinsuffizienz-Patienten als zentrale Gruppe konzentrieren. Wir nutzen in diesen Projekten umfangreiche Datensätze sowohl von Krankenhausdaten als auch von Daten aus Wearables, um das Management der Erkrankung zu verbessern und mögliche (re)aktionsbedürftige Veränderungen im Patientenzustand frühzeitig zu erkennen.