Elektrische Heilverfahren sind sowohl mit Vor-, als auch Nachteilen verbunden. Sie haben einen positiven Effekt, wenn sie als Begleittherapie zur Wiederherstellung der normalen Körperfunktion eingesetzt werden. So dient beispielsweise die Transkutane Elektrische Nervenstimulation (TENS) zur Stärkung und Wiederherstellung der Muskelfunktion und lindert Beschwerden für einen gewissen Zeitraum. "Die TENS ist eine Therapieform, die keine wesentlichen Nebenwirkungen hat und die daher gut toleriert wird. Unter diesem Aspekt ist die Bereitschaft hoch, sie zumindest auszuprobieren", sagt Prof. Berthold Langguth, Leiter des Zentrums für Neuromodulation an der Universität Regensburg. Ein weiterer Vorteil ist, dass Behandlungen dieser Art problemlos von zu Hause aus durchgeführt werden können, da hier lediglich zwei Elektroden an die Haut angeklebt werden und die entsprechende Frequenz der Reizstromimpulse je nach Bedarf und Vorgabe des Arztes eingestellt werden kann.
Einige elektrische Heilverfahren bieten jedoch nur bei bestimmten Erkrankungen Erfolgsaussichten. Eine solche Methode ist die Stoßwellentherapie, die bei Nierensteinen eingesetzt wird. Hierbei werden elektromagnetisch Stoßwellen erzeugt, die das Gewebe durchdringen, bis sie auf Widerstand beziehungsweise die Nierensteine stoßen. Dort angelangt, setzen die Stoßwellen Energie frei und zerstören so die schmerzhaften Nierensteine. Das Gewebe selbst wird bei dieser Methode nicht beeinträchtigt.
Dem entgegen hat jedoch das gleiche Verfahren bei orthopädischen Erkrankungen, wie Tennisarm oder Kalkschulter, bisher uneinheitliche Studienergebnisse geliefert - zum einen ist der Nutzen des alternativen Verfahrens gering und vorübergehende Nebenwirkungen sind beim Patienten aufgetreten, zum anderen ist die Nutzungsdauer der Stoßwellentherapie unklar. Dies zeigt, dass bei einigen elektrischen Heilverfahren Forschungsbedarf besteht und diese nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Krankheit und des individuellen Zustands und Voraussetzungen des Patienten eingesetzt werden sollten, um eine vielversprechende Aussicht auf Genesung zu gewährleisten.
Weitere Nachteile bestehen darin, dass aufgrund unzureichender Studien nicht sichergestellt werden kann, ob elektrische Heilmethoden gleichwertig oder effektiver sind als bewährte Therapien. Zudem können bei einigen Erkrankungen Effekte der Therapie erst nach Wochen bemerkbar sein.
Dennoch lassen sich viele Menschen auf elektrische Heilmethoden ein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Medikamente keine Wirkung zeigen oder eine OP seitens des Patienten nicht erwünscht ist. So hat sich bei Überbelastungsschäden, wie Fersensporn oder Kalkschulter, die Stoßwellentherapie bewährt.
Bei schwerwiegenden Erkrankungen neurologischer oder psychischer Art können elektrische Heilverfahren Bewegungsstörungen effektiv reduzieren und so zur besseren Lebensqualität des Patienten beitragen. So führt beispielsweise das Uniklinikum Freiburg bei Morbus Parkinson oder Epilepsie-Patienten die Hirnstimulation durch. Das Verfahren weist verschiedene Varianten auf, wobei Magnetfelder und Strom die Abläufe im Gehirn verändern, ohne Patienten zu gefährden. "Es wird gegenwärtig nach Wegen gesucht, die Effizienz der Stimulationsverfahren zu verbessern, um die Stimulation als Ersttherapie genauso erfolgreich wie pharmakologische Therapien zu machen", so Prof. Michael Nitsche, Leitung des Forschungsbereichs Psychologie und Neurowissenschaften am Leibnitz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund.