Die Therapie der Multimorbidität bei älteren Patienten ist besonders herausfordernd, insbesondere wenn sowohl psychische als auch körperliche Erkrankungen vorliegen. Daher bedarf die Betreuung dieser Patienten der Zusammenarbeit verschiedener Expertenteams aus dem Gesundheitssystem. In vielen Fällen gibt es aber technische Hürden und Einschränkungen innerhalb des Informations- und Datenaustausches. Dies kann zu einer aufgesplitterten Gesundheitsversorgung und einem potenziell nachteiligen Ergebnis führen.
Hier setzt das europäische ESCAPE-Projekt an. ESCAPE steht dabei für "Evaluation of patient-centred biopsychosocial blendend collaborative care pathway for the treatment of multi-morbid elderly patients". Das interdisziplinäre, multinationale Team des ESCAPE-Projekts besteht aus Allgemein- und Krankenhausärzten sowie Experten aus Psychologie, Gesundheitsökonomie und Digitalisierung von Gesundheitssystemen sowie Vertretern von Patienten und pflegenden Angehörigen. Gemeinsam wollen sie einen integrierten und patientenzentrierten Ansatz für die Behandlung multimorbider älterer Patient schaffen.
Das ESCAPE Projekt wird mit 6,1 Millionen Euro durch das Programm „Horizon 2020“ der Europäischen Union (EU) gefördert. Es ist am 1. April 2021 gestartet und hat eine Laufzeit von 4,5 Jahren. Koordiniert wird das ESCAPE Projekt von Prof. Susanne Pedersen von der Universität Odense (Dänemark). Der Projektantrag entstand in enger Zusammenarbeit mit Prof. Herrmann-Lingen, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Mitglied im Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), und weiteren Projektpartnern. Die UMG erhält von der Gesamtförderung einen Anteil in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro für einen wichtigen Teil des Projekts: eine von Prof. Herrmann-Lingen geleitete europäische randomisierte, kontrollierte klinische Studie.
Das multidisziplinäre Team von ESCAPE erstellt im Rahmen des Projekts individuelle Behandlungspläne, die auf die Bedürfnisse und Vorlieben der einzelnen Patienten zugeschnitten sind. Unterstützt wird es dabei von einer maßgeschneiderten digitalen Gesundheitsplattform, die vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnologie (FIT) entwickelt wird. Die Plattform und regelmäßige telefonische Unterstützung werden Patienten und pflegende Angehörige in die Lage versetzen, individuelle Prioritäten für ihre Behandlungen zu setzen um ihre Lebensqualität soweit wie möglich zu verbessern.
Die Studie konzentriert sich auf Patienten mit chronischer Herzschwäche, psychischer Belastung und mindestens zwei weiteren körperlichen Begleiterkrankungen. Die Ergebnisse des neuen Ansatzes der kombinierten kooperativen Versorgung von ESCAPE werden mit der aktuellen Patientenversorgung verglichen. Die Experten wollen so herausfinden, welcher Ansatz zu der besten gesundheitsbezogenen Lebensqualität für Patienten führt.
MEDICA.de; Quelle: Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität