Für wen ein Teilersatz des Kniegelenks in Frage kommt und wer im ersten Versorgungsschritt zunächst mit einer Umstellungsosteotomie gut beraten ist, diskutieren Experten auf der Online-Pressekonferenz der AE am 16. September 2021. Sie findet im Vorfeld des AE-Jahreskongresses (24. bis 25. September 2021, Regensburg) zum 25-jährigen Jubiläum der Fachgesellschaft statt.
Auch eine sehr schmerzhafte Arthrose, die starke Bewegungseinschränkungen zur Folge hat, kann nur einen umschriebenen Gelenkabschnitt betreffen. Der Rest des Gelenks ist dabei möglicherweise noch intakt. "Häufig ist dies der innere Knieanteil zwischen Ober- und Unterschenkelknochen", erläutert Dr. Stephan Kirschner, Vizepräsident der AE und Direktor der Klinik für Orthopädie in den ViDia Kliniken, Karlsruhe. „Ist dies der Fall, kann auch nur ein Teilgelenk implantiert werden“. Dies wird umgangssprachlich als mediale Schlittenprothese bezeichnet. "Dabei werden nur die wirklich von der Arthrose betroffenen Gelenkabschnitte ausgetauscht. Der Großteil des Kniegelenkes wie die andere Kondyle, die Kniescheibe und die Kniebänder bleiben". Laut Leitlinien müssen jedoch vorher alle konservativen Möglichkeiten der Behandlung wie Physiotherapie, Gelenk-Injektionen, Akupunktur und Schmerzmittel ausgeschöpft worden sein. Zudem besteht auch die Möglichkeit, durch eine sogenannte Umstellungsosteotomie zunächst die Achse des betroffenen Kniegelenks so zu korrigieren, dass das von Arthrose betroffene Areal entlastet wird.
Wichtigstes Gegenargument der Teilprothetik sei die bis heute kürzere Haltbarkeit beider Verfahren im Vergleich zur totalen Knieendoprothese, so der Orthopäde und Unfallchirurg. Gegen eine Umstellungsoperation können eine eingeschränkte Beweglichkeit und die geringere Schmerzverbesserung im Gegensatz zu einer Endoprothese sprechen. Für beide Fälle gilt: "Aufgrund der im Gelenk möglicherweise weiter fortschreitenden Arthrose kann sowohl bei der Schlittenprothese wie auch nach einer Umstellung eine Folgeoperation erforderlich werden".
Kirschner fasst zusammen: "Sofern nur eine umschriebene Arthrose mit erhaltenen Kreuzbändern vorliegt, ist aufgrund der günstigen klinischen Ergebnisse der Teilgelenkersatz zu empfehlen. Bei hohen sportlichen Ansprüchen und einer Achsabweichung ist eine Umstellungsoperation zu diskutieren. Wenn alle Gelenkabschnitte betroffen sind, stellt die Totalendoprothese eine bewährte Versorgungsmöglichkeit dar". Patienten sollten sich jedoch vor einem Eingriff informieren: "Oft werden in spezialisierten Kliniken alle drei Versorgungsmöglichkeiten (Umstellung, Schlitten und Totalendoprothese) in großen Fallzahlen und mit viel Erfahrung durchgeführt. Dann kann die für den Patienten individuell am Besten passende Versorgung gemeinsam ausgewählt werden."
MEDICA.de; Quelle: Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V.