Der Blick auf das genetische Profil bösartiger Wucherungen hilft dabei nicht nur zu verstehen, wie der Krebs entsteht und was seine Ausbreitung antreibt. Er kann auch Hinweise auf therapeutische Angriffspunkte liefern. Die Jagd nach mutierten Genen, die Krebs verursachen – sogenannte Treiber-Gene – wird durch neueste Technologien bei der DNA-Sequenzierung ermöglicht.
Die Treiber-Gene in Tumoren werden dank ausgeklügelten Algorithmen identifiziert. Dabei muss eine solch empfindliche Methode sorgfältig kalibriert werden. "Denken Sie an die Waage bei Ihnen zu Hause, die von Zeit zu Zeit angepasst werden muss, um das richtige Gewicht anzuzeigen. In ähnlicher Weise müssen auch die Methoden zur Suche nach Treiber-Genen anhand von 'Benchmarks', das heißt Daten bereits bekannter Krebsgene, kalibriert werden", sagt Rory Johnson. Er forscht am Department for BioMedical Research der Universität Bern (DBMR) und am Inselspital, Universitätsspital Bern, und ist Mitglied des Nationalen Forschungsschwerpunkts RNA&Disease.
Seine Gruppe hat nun einen Gendatensatz erstellt, der Krebsforschern die Suche nach neuen Tumortreiber-Genen deutlich erleichtert. Die Studie wurde im Nature-Journal Communications Biology veröffentlicht.
Der Begriff "dunkle Materie" unseres Genoms bezieht sich auf die über 95% davon, die nicht-kodierend sind, also keine Bauanleitungen für Proteine enthalten. Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass ein Teil dieser "dunklen Materie", sogenannte lange, nicht kodierende RNA-Gene oder "lncRNAs", maßgeblich beteiligt sind an der Tumorentstehung und dem Fortschreiten von Krebs.
Das Team unter der Leitung von Johnson konzentriert sich auf die Suche nach Krebs-lncRNAs mit Hilfe von sogenannten Tumormutationskarten des Internationalen Krebsgenomkonsortiums. Dabei haben die Forschenden statistische Methoden zur Identifizierung von Krebs-lncRNAs entwickelt.
Die Zuverlässigkeit dieser neuen Methoden wollten sie mit Hilfe eines Benchmarks kalibrieren, wie dies bei den klassischen proteincodierenden Genen der Fall ist. Zu diesem Zweck stellte das Team als Benchmark einen Datensatz von 122 nicht kodierender RNAs zusammen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Krebs verursachen.
"Dieser Datensatz von 122 Krebs-lncRNAs hat sich für uns bereits in vielerlei Hinsicht als eine unschätzbare Ressource erwiesen", sagt Johnson. Das Team verwendete ihn, um seine Algorithmen für die Entdeckung von Krebs-lncRNAs zu kalibrieren – wobei sich bereits zeigte, dass diese Algorithmen qualitativ hochwertige Vorhersagen machen, darunter Dutzende von völlig neuen Krebs-lncRNAs.
MEDICA.de; Quelle: Swiss National Center of Competence in Research RNA & Disease