Algorithmus: sogar kleinste Krebsmetastasen im ganzen Mauskörper
Algorithmus: sogar kleinste Krebsmetastasen im ganzen Mauskörper
13.12.2019
Forschende des Helmholtz Zentrum München, der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und der Technischen Universität München (TUM) haben einen Algorithmus entwickelt, der automatisiert Metastasen erkennt. Die neue Technologie findet sogar einzelne streuende Krebszellen im gesamten Körper von Mäusen.
Krebs ist weltweit eine der häufigsten Todesursachen. Mehr als 90 Prozent der Krebspatienten sterben nicht an den Folgen des Primärtumors, sondern an denen der Metastasen. Krebsmetastasen entstehen in der Regel aus einzelnen streuenden Krebszellen, die dem Immunsystem des Körpers entkommen konnten.
DeepMACT nutzt künstliche Intelligenz, um selbst kleinste Metastasen im gesamten Mauskörper zu erkennen. Im Bild sind einzelne disseminierter Zellen in der Lunge zu sehen.
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Bisher war es aufgrund der begrenzten Auflösung von Bildgebungsverfahren wie Biolumineszenz und MRT nicht möglich, diese Zellen im gesamten Körper zu detektieren. Die Folge: Spezifische Verbreitungsmechanismen verschiedener Krebsarten waren bisher relativ wenig bekannt, was die Entwicklung neuer Therapieansätze erschwert. Daher war es bis dato auch nur schwer möglich, die Wirksamkeit neuer Wirkstoffkandidaten systematisch zu überprüfen.
Das Team um Dr. Ali Ertürk, Direktor des Instituts für Tissue Engineering und Regenerative Medizin am Helmholtz Zentrum München, hat sich zum Ziel gesetzt, diese Hürde zu überwinden. Zuvor hatte das Team bereits vDISCO entwickelt - eine Methode für das sogenannte Tissue Clearing, das das Gewebe eines ganzen Mauskörpers transparent machen kann, um einzelne Zellen abzubilden.
Da eine manuelle Analyse solcher hochauflösender Bilddaten jedoch extrem zeitaufwendig wäre und derzeit verfügbare Algorithmen für diese Art der Datenanalyse eine nur begrenzte Zuverlässigkeit und Verarbeitungsgeschwindigkeit bieten, entwickelte das Team einen neuartigen Deep-Learning-Algorithmus namens DeepMACT. Damit können sie Krebsmetastasen automatisiert erkennen, analysieren und die Verteilung therapeutischer Antikörper in vDISCO-Präparaten abbilden. Der DeepMACT-Algorithmus erfasst die Metastasen mit einer vergleichbaren Genauigkeit wie ein menschlicher Experte - allerdings in mehr als der 300-fachen Geschwindigkeit.
"Mit nur wenigen Klicks kann DeepMACT die manuelle Erkennungsarbeit von Monaten in weniger als einer Stunde erledigen. Wir können nun täglich Hochdurchsatz-Analysen von sogar kleinsten Metastasen bis hin zu einzelnen streuenden Tumorzellen durchführen", sagt Oliver Schoppe, einer der beiden Erstautoren der Studie und Doktorand in der Gruppe von Prof. Bjoern Menze am TranslaTUM, dem Zentrum für Translationale Krebsforschung der TUM.
Mit DeepMACT konnten die Forschenden neue Erkenntnisse über die spezifischen metastatischen Profile verschiedener Tumormodelle gewinnen. Die Charakterisierung der Verbreitungsmuster ermöglicht die Entwicklung von Therapien, die speziell auf die unterschiedlich metastasierenden Krebsarten ausgerichtet sind. Neue Erkenntnisse wurden durch DeepMACT beispielsweise im Bereich Brustkrebs gewonnen: So stieg in den Beobachtungen des Teams die Anzahl kleiner Metastasen im Laufe der Zeit im gesamten Mauskörper deutlich an. "Keines dieser Merkmale konnte bisher mit herkömmlichen Biolumineszenz-Bildgebungsverfahren nachgewiesen werden.
DeepMACT ist die erste Methode, die eine quantitative Analyse des metastatischen Prozesses im Ganzkörpermaßstab ermöglicht", ergänzt Dr. Chenchen Pan, Postdoc am Helmholtz Zentrum München und ebenfalls Erstautor der Studie. "Unsere Methode erlaubt es uns auch, das Targeting von Tumorantikörpertherapien genauer zu analysieren."
MEDICA.de; Quelle: Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt