Dies war mit gängigen analytischen Verfahren bislang nicht möglich.
Die stoffliche Zusammensetzung von Zellen in Gewebe kann trotz gleicher Erbinformation sehr unterschiedlich sein. Dies liegt unter anderem an den unterschiedlichen Aufgaben, die verschiedene Zellen erfüllen müssen. Um ihre Aufgaben zu erfüllen, passen die Zellen ihren Stoffwechsel an.
Dabei entstehen unterschiedliche Mengen charakteristischer Substanzen mit unterschiedlichen Strukturen. Die Häufigkeit, aber auch der chemische Aufbau von diesen Botenstoffen oder Stoffwechselprodukten kann daher dazu genutzt werden, Zellen voneinander zu unterscheiden, Krankheiten zu diagnostizieren oder die Prozesse zu verstehen, die zur Bildung dieser Substanzen geführt haben.
Das in der Nachwuchsgruppe von Dr. Sven Heiles am Institut für Anorganische und Analytische Chemie der JLU entwickelte Messprinzip "Reactive MALDI" nutzt einen fokussierten Laserstrahl, der ortsgenau sehr geringe Substanzmengen aus dem untersuchten Gewebe verdampft und gleichzeitig eine chemische Reaktion zwischen den Stoffwechselprodukten (Metaboliten) und einem Hilfsstoff ("Matrix") initiiert.
Die dabei entstehenden Ionen werden in einem Massenspektrometer detektiert, wodurch eine Vielzahl von Verbindungen unterschieden und zusätzlich strukturelle Unterschiede von sogenannten Isomeren – Moleküle mit der gleichen Anzahl und Art an Atomen, die sich nur hinsichtlich ihrer räumlichen Struktur unterscheiden – erkannt werden können.
Im Anschluss an die massenspektrometrische Analyse liefert das Abrastern der Probenoberfläche mit Laserstrahlung mikroskopische Bilder, die Informationen über die Stoffzusammensetzung, die Mengen und die chemischen Strukturen enthalten.
Das neue Verfahren wird bereits in Projekten in der Biologie, der Medizin und der Parasitologie eingesetzt, um örtliche Verteilungen von isomeren Verbindungen in Gewebe sichtbar zu machen. "Es ist schon lange bekannt, dass der Parasit Schistosoma mansoni, der die Krankheit Bilharziose beim Menschen hervorruft, einen sehr speziellen Stoffwechsel besitzt. Nun können wir die strukturellen Unterschiede von Metaboliten auch mikroskopisch verfolgen", sagt Prof. Christoph Grevelding.
Der renommierte JLU-Parasitologe hat zusammen mit Prof. Bernhard Spengler vom Institut für Anorganische und Analytische Chemie der JLU den Lipidstoffwechsel des Pärchenegels genauer untersucht.
Neben Parasiten haben die Gießener Forscherinnen und Forscher auch neuronale Zellen in Maushirngewebe untersucht, das häufig als Modell in neurologischen Studien zu Nervenkrankheiten verwendet wird. "Wir konnten nun erstmals die strukturellen Unterschiede von Stoffwechselprodukten auf zellulärer Ebene nachweisen", erklärt Fabian Wäldchen, der als Doktorand an der Entwicklung der Methode beteiligt war.
"Dieses eindrucksvolle Beispiel verdeutlicht die wahre Komplexität und Spezifität von Stoffwechselprozessen", so Prof. Bernhard Spengler. "Das neue analytisch-chemische Verfahren ist ein erster wichtiger Schritt, um auch strukturelle Details von Metaboliten räumlich verfolgen und dadurch Stoffwechselprozesse sehr viel besser verstehen zu können.
MEDICA.de; Quelle: Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU)