Die Forschenden wollen die Nervenzellen im Ohr mittels gentechnischer Methoden lichtempfindlich machen, um sie dann mit Licht, statt wie bisher mit Strom anzuregen. Denn mit Licht, so die Erwartung, können die Neuronen im Ohr selektiver angeregt werden. Nun ist dem Team ein weiterer wichtiger Schritt zur Entwicklung des optischen Cochlea-Implantates gelungen.
In einer Kooperation mit Röntgenphysikern um Tim Salditt, der wie Moser am Göttinger Exzellenzcluster Multiscale Bioimaging (MBExC) forscht, konnten sie mittels kombinierter bildgebender Verfahren von Röntgentomographie und Fluoreszenzmikroskopie detaillierte Abbildungen der Hörschnecken von Nagetieren und nicht-humanen Primaten erstellen und so wichtige Parameter für das Design und die Materialbeschaffenheit optischer Cochlea-Implantate ermitteln. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht.
Die Entwicklung optischer Cochlea-Implantate ist ein komplexes Unterfangen, das von der Erforschung grundlegender Prinzipien bis zur Anwendung in der Klinik viele Forschende verschiedener Disziplinen einbezieht. Ein Faktor ist die komplizierte Struktur der Cochlea oder Hörschnecke, die für Untersuchungen, auch mittels bildgebender Verfahren, nur schwer zugänglich ist, da sie tief in das Schläfenbein eingebettet ist. Für die Entwicklung von Gentherapie und optischen Cochlea-Implantaten ist die detaillierte Kenntnis des Aufbaus der Cochlea jedoch entscheidend. Zur Entwicklung sowie zur Überprüfung der Wirksamkeit und der Sicherheit von Gentherapie und optischen Cochlea-Implantat sind die Forschenden auf Tierversuche angewiesen. Die Forschungsgruppe Auditorische Neurowissenschaften und Optogenetik forscht am DPZ mit Weißbüschelaffen, deren Verhalten bei der vokalen Kommunikation dem des Menschen ähnlich ist.
„Für (spät-)vorklinische Studien sind genaue Kenntnisse der Anatomie der Cochlea notwendig. Wir haben Phasenkontrast-Röntgentomographie und Lichtblatt-Fluoreszenzmikroskopie sowie deren Kombination eingesetzt, um die Struktur der Cochlea sowohl der wichtigsten Nagetiermodelle als auch der Weißbüschelaffen darzustellen“, erläutert Daniel Keppeler, Erstautor der Studie. „Für die skalenübergreifende und multimodale Bildgebung haben wir spezielle Instrumente und Methoden entwickelt, sowohl hier bei uns im Labor also auch mit Synchrotronstrahlung“, ergänzt Kooperationspartner Tim Salditt, Professor am Institut für Röntgenphysik der Universität Göttingen, der das Forschungsteam in der Röntgentomographie angeleitet hat. Mit den gewonnenen Daten zur Anatomie der verschiedenen Hörschnecken konnte das Team auch ein Implantat mit LED-Emittern für Weißbüschelaffen konzipieren und die Implantation erfolgreich an Präparaten der Hörschnecken von Weißbüschelaffen durchführen. Dabei wurde das Implantat analog zur Operation bei Menschen durch Alexander Meyer, einem erfahrenen Chirurgen an der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der Universitätsmedizin Göttingen, eingesetzt.
MEDICA.de, Quelle: Deutsches Primatenzentrum GmbH - Leibniz-Institut für Primatenforschung