Bisher gibt es noch keinen Ansatz, der verschiedene Leistungskriterien wie Echtzeit-Bildgebung, Multiplexing, hohe Gewebedurchdringung und Auflösung vereint, und so eine nicht-invasive Bildgebung inklusive der Unterscheidbarkeit verschiedener Strukturen (z.B. Nerven und Blutgefäße) möglich macht.
"SWIR bietet eine höhere Auflösung und größere Gewebedurchdringung als der Nahinfrarotbereich. Außerdem ist SWIR in einem größeren Wellenlängenbereich, der es ermöglicht, mehrere Kanäle nebeneinander zu detektieren. Diese Vorteile wollten wir auch für die medizinische Bildgebung nutzen", Ellen Sletten, Professorin für Chemie und Biochemie an der UCLA und eine der Leiterinnen der Studie. "Wir gingen davon aus, dass sich diese Eigenschaften für die gleichzeitige Überwachung mehrerer Parameter als entscheidend erweisen könnten."
Die Forschenden entwickelten und synthetisierten neue Farbstoffe und charakterisierten ihre photophysikalischen Eigenschaften, die auf ihre Fähigkeit zur Echtzeit-Multiplex-Anregung im Nahinfrarot- und im SWIR-Bereich hindeuteten. Dann entwickelten sie ein neues SWIR-Bildgebungssystem mit drei Lasern und einer Kamera und konnten damit in vivo mehrfarbige Filme in Echtzeit aufnehmen. Darüber hinaus erzeugten sie Bilder, auf denen Lymphgefäße klar von Venen und Arterien zu unterscheiden sind, und konnten somit deren Funktion beobachten. Das neue System ist auch schnell genug, um Bilder bei wachen und aktiven Mäusen aufzunehmen. Darüber hinaus führte die Forschungsgruppe mithilfe des Echtzeit-Feedbacks eine bildgeführte Operation bei Mäusen durch.
"Die Fähigkeit, nah zusammenliegende Gewebe wie Lymph- und Blutkreislaufstrukturen voneinander zu unterscheiden und gleichzeitig ihre Funktion zu überwachen, hat Auswirkungen auf die nicht-invasive Diagnostik sowie auf die Weiterentwicklung der Technologie für die fluoreszenzgeführte Chirurgie", ergänzt Emily Cosco, die sowohl am Helmholtz Zentrum München als auch an der UCLA für diese Studie forschte.
Derzeit arbeitet die Gruppe am Helmholtz Pioneer Campus mit Experten aus Medizin und Chirurgie in Stanford, München und Köln zusammen, um die neue Technologie baldmöglichst in die klinische Anwendung zu bringen. Der Fokus liegt dabei auf der Behandlung von Krebs und Entzündungskrankheiten.
Oliver Bruns, Studienleiter und Principal Investigator am Helmholtz Pioneer Campus des Helmholtz Zentrums München sagt: "Unser System hat das Potenzial, medizinische Anwendungen zu verbessern. Als Nächstes müssen wir daran arbeiten, wie genau wir die Technologie aus dem Labor rein in die Kliniken bringen können. Großes Potenzial sehen wir in der intraoperativen Bildgebung. Es ist natürlich noch ein weiter Schritt um genau sagen zu können, welche operativen Eingriffe von SWIR profitieren könnten. Aber die Möglichkeit, Strukturen in mehreren Farben voneinander zu unterscheiden, könnte für das Entfernen von Tumoren sehr hilfreich sein."
MEDICA.de; Quelle: Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt