Ein Tropfen Blut aus der Fingerspitze genügt und nach etwa zehn Minuten zeigen Striche auf dem Teststreifen an, ob einer von zwei Typen von Antikörpern gefunden wurde. Die IgM-Antikörper finden sich bereits wenige Tage nach der Infektion im Blut, die IgG-Antikörper bilden sich erst später im Infektionsverlauf. Sie bleiben meist viele Monate nachweisbar und zeigen eine bestehende Immunität an.
"Antikörpertests liefern wichtige Informationen zum Verständnis und zur Eindämmung der Corona-Pandemie", erläutert der Biochemiker Prof. Ralf Ehricht vom Jenaer Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT), dessen Team an der Entwicklung, Beurteilung und Qualitätskontrolle des Schnelltests arbeitet. Wie viele Menschen bereits mit dem Coronavirus infiziert waren, ohne es zu bemerken, ist nicht bekannt. "Wir wissen nicht, wie viele jetzt schon immun sind. Deshalb wissen wir streng genommen nicht, wo in dieser Krise wir stehen", betont Ehricht, der am Leibniz-IPHT und der Friedrich-Schiller-Universität Jena neue Multiparameterverfahren für die Diagnose und Epidemiologie von Infektionskrankheiten erforscht. "Das Virus ist hochansteckend, es gibt aktuell keine verfügbare Impfung dagegen und wenig therapeutische Ansätze. Das bedeutet, dass die Ausbreitung erst dann zum Stillstand kommt, wenn sich, nach derzeitigem Kenntnisstand, etwa 70 Prozent der Bevölkerung infiziert haben."
Anders als die PCR-Tests (Polymerase-Kettenreaktion), die die RNS — das Erbmaterial — des Virus aus einem Rachenabstrich und damit die akute Infektion direkt nachweisen, zielen Antikörpertests darauf ab, die Immunantwort des Wirtes zu bestimmen. Umfangreich eingesetzt, können sie die Dunkelziffer bereits erfolgter Infektionen aufdecken. "Wir müssen flächendeckend Antikörpertests einführen, um zu lernen, wer tatsächlich immun ist", bestätigt Prof. Michael Bauer, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Jena und Vorstandsmitglied im Forschungscampus InfectoGnostics, in dessen Rahmen der Schnelltest entwickelt wurde. "Um die Herdenimmunität zu nutzen, müssen wir diese auch messen. Dazu brauchen wir die Schnelltests." Mit den serologischen Untersuchungen auf Antikörper ließe sich präziser abschätzen, welcher Prozentsatz infizierter Menschen keine oder nur leichte Symptome entwickelt hat — und somit erfahren, an welchem Punkt der Infektionswelle wir stehen und wann sich die sogenannte Herdenimmunität einstellen könnte. Eine Herdenimmunität könnten theoretisch auch kleiner gefassten Gemeinschaften erreichen, erläutert Ralf Ehricht, etwa Kliniken oder Altenheime.
MEDICA.de; Quelle: Leibniz-Institut für Photonische Technologien e. V.