Welche Patienten gefährdet sind und wie man den gefährlichen Zusammenbruch des Immunsystems möglichst früh diagnostizieren kann, wollen Wissenschaftler aus Deutschland, Belgien und Österreich nun gemeinsam im Rahmen des neuen Verbundprojekts (SEPSDIA – Development of an epigenetics-based blood test to detect immunosuppression in patients with sepsis) erforschen. Eine Arbeitsgruppe der Universitätsklinik für Anästhesiologie Heidelberg unter der Leitung von Dr. Florian Uhle untersucht dazu erstmals die molekularen Mechanismen dieses bislang diagnostisch schwer greifbaren Zustandes. Ziel ist es, Marker im Blut der Patienten zu identifizieren, die für einen Frühtest herangezogen werden können.
Der Zusammenschluss mit drei Konsortialpartnern aus der Wirtschaft soll sicherstellen, dass die Ergebnisse der Heidelberger Forschungsgruppe schnell den Weg in die Intensivstationen finden. So ist das im Verbundprojekt federführende Unternehmen Diagenode, Belgien, für die Entwicklung des Testkits zuständig, die Platomics GmbH aus Österreich liefert die Software zur Auswertung der Testergebnisse, die Oncgnostics GmbH in Deutschland wird weitergehende Analysen durchführen und den Prozess wissenschaftlich begleiten.
Bei diesen Patienten, deren Immunsystem nach einer Sepsis zusammenbricht, treten immer neue Infektionen mit Erregern auf, die sehr typisch für ein geschwächtes Immunsystem sind. Sie müssen oft wochen- oder monatelang intensivmedizinisch versorgt werden, teilweise versagen die Antibiotikatherapien.
"Es laufen bereits erste Studien mit Therapieansätzen, die diesen Zustand durchbrechen, es fehlen allerdings noch die diagnostischen Verfahren – insbesondere um Risikopatienten zu identifizieren, bevor ihre Infektanfälligkeit durch wiederholte Krankheitsausbrüche augenscheinlich wird", erläutert Uhle. Im Rahmen des neuen Verbundprojekts will er daher mit seinem Team nach sogenannten epigenetischen Markern am Erbgut von betroffenen Patienten fahnden. Es handelt sich dabei um Abweichungen der Muster, welche Bereiche der Erbinformation zugänglich und aktiv oder durch Eiweiße blockiert sind. Die Ergebnisse sollen die Basis für die Testentwicklung liefern und zudem Hinweise auf die dem Immunkollaps zugrundeliegenden Mechanismen geben.
Für die Analyse von Patientenproben nutzen die Wissenschaftler neueste Sequenziertechnik und bioinformatische Verfahren. "Wir suchen die Unterschiede zwischen Untergruppen unserer Patienten – zum Beispiel zwischen Patienten, bei denen sich das Immunsystem regeneriert, und Patienten, bei denen es zusammenbricht. So können wir hoffentlich bald jene identifizieren, bei denen ein schwerer Verlauf mit wiederkehrenden Infektionen zu erwarten ist", beschreibt Prof. Markus A. Weigand, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Anästhesiologie Heidelberg, das Konzept.
MEDICA.de; Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg