Durch Nutzung eines modifizierten Echtzeit-3D-Echokardiographie-Geräts (4D-Ultraschall) wurde eine nicht-invasive, strahlungsfreie und klinisch einsetzbare Bildgebung mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung etabliert. Vergleichbare Bild- und Verformungsdaten stehen sonst nur unter Laborbedingungen an operativ entnommenen Gewebestücken, aber nicht in vivo zur Verfügung.
Die Wissenschaftler veröffentlichten jetzt im Journal of Ultrasound in Medicine eine Studie zur klinischen Reproduzierbarkeit der Methode sowie in der Zeitschrift der European Society for Vascular and Endovascular Surgery die Ergebnisse einer klinischen Studie, in der überprüft wurde, ob die entwickelte Methode in der Lage ist, bei BAA-Patienten die Gewebeeigenschaften erkrankter Wandbereiche von denen nicht betroffener Wandregionen zu unterscheiden.
Die neue Methode ist für die Anwendung am lebenden Menschen geeignet und kann daher zu diagnostischen Untersuchungen eingesetzt werden. Bei der Entdeckung eines Bauchaortenaneurysmas erhalten Mediziner/-innen somit durch eine Ultraschalluntersuchung zusätzlich zur seit langem etablierten Messung des maximalen BAA-Durchmessers Informationen über die individuellen Gewebeeigenschaften der erkrankten Aortenwand, um die Gefahr einer lebensbedrohlichen Ruptur der Wand zuverlässiger prognostizieren oder ausschließen zu können. Klinische Relevanz hat die genaue Kenntnis des Rupturrisikos der Aortenwand für die Entscheidung über die Art der Behandlung von Bauchaortenaneurysmen.
Von Bauchaortenaneurysmen, einer sackartigen lokalen Aufweitung der Hauptschlagader, sind in West-Europa und den USA etwa 3 Prozent der über 65- bis 70-jährigen Männer und weniger als 1 Prozent der Frauen der gleichen Altersgruppe betroffen. Diese degenerative Aufweitung der Aorta ist eine oft symptomfreie Erkrankung, die in vielen Fällen auch unbehandelt zu keinerlei Komplikationen führt. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Aneurysmenwand im Laufe der Zeit einen kritischen Zustand annimmt und schließlich plötzlich reißt. Diese kritische Veränderung ist bislang klinisch nur schwer und ungenau einschätzbar. Eine Ruptur stellt für die Betroffenen ein katastrophales Ereignis dar, bei dem wegen der massiven inneren Blutungen akute Lebensgefahr besteht.
Krankenversicherte Männer ab 65 Jahren haben seit 2017 in Deutschland daher Anspruch auf ein Ultraschallscreening zur Früherkennung von Bauchaortenaneurysmen. „Der möglichst exakten Bewertung, ob das individuelle Aneurysma stabil oder rupturgefährdet ist, kommt eine große klinische Bedeutung zu, da auch die beiden chirurgischen Behandlungsoptionen von BAA mit relevanten Komplikationsraten verbunden sind“, erläutert Dipl.-Ing. (FH) Andreas Wittek vom PBE-Forschungsteam der Frankfurt UAS.
Bislang beruht diese Einschätzung ausschließlich auf statistischen Kriterien, die im Einzelfall unscharf sind. Das Forschungsteam hat neue Biomarker für den pathophysiologischen Zustand der Aorten- und Aneurysmenwand vorgeschlagen, die aus der statistischen Analyse der mit 4D-Ultraschall erfassten Felder lokaler Verformungen gewonnen werden. In der nun veröffentlichten klinischen Studie konnte an einer Gruppe von 56 Aneurysmenpatientinnen und -patienten gezeigt werden, dass die entwickelten Methoden in der Lage sind, erkrankte Bereiche der Aortenwand von nicht erkrankten Bereichen der Wand zu unterscheiden.
MEDICA.de; Quelle: Frankfurt University of Applied Sciences