"Wir wollten eine Ressource für alle Forscher schaffen, die sich für die Bauchspeicheldrüse interessieren", erklärt Prof. Roland Eils, Leiter des internationalen Pankreasprojekts und als BIH Chair Gründungsdirektor des Digital Health Center am BIH und an der Charité. "Unsere Ergebnisse helfen sowohl denjenigen, die den endokrinen Teil der Bauchspeicheldrüse untersuchen, der Insulin produziert und beispielsweise für die Entwicklung von Diabetes verantwortlich ist. Aber unsere Ergebnisse sind auch relevant für Wissenschaftler, die sich mit dem exokrinen Teil der Drüse beschäftigen, der die Verdauungsenzyme herstellt und in den Dünndarm abgibt und bei Pankreatitis oder Pankreaskrebs betroffen ist."
Pankreasgewebe zu gewinnen und zu untersuchen erweist sich jedoch als äußerst schwierig: Die Verdauungsenzyme sind sehr aktiv und das Organ läuft Gefahr, sich selbst verdauen. Daher war es wichtig, das Gewebe möglichst schonend und schnell aufzubereiten. Das Team um Roland Eils stützte sich dabei auf internationale Kooperationen. "Von unseren Kollegen in Stanford und München haben wir qualitativ hochwertige Proben erhalten. Anschließend haben wir in unserem Labor neue Protokolle speziell für das Pankreasgewebe entwickelt, mit denen wir diese Art von Daten zum ersten Mal gewinnen konnten", berichtet Christian Conrad, in dessen Labor die Untersuchungen stattfanden und der gemeinsam mit Roland Eils Letztautor der Veröffentlichung ist.
Luca Tosti, Wissenschaftler im Labor von Christian Conrad und Erstautor der Arbeit, setzte bei diesem Mammutprojekt verschiedene Einzelzelltechnologien ein. "Einerseits haben wir Zellkerne aus tiefgefrorenen Biopsien isoliert und in jedem Kern einzeln die Genaktivität gemessen. Insgesamt haben wir so mehr als 120.000 Zellkerne analysiert. Außerdem haben wir die so genannte In-situ-Sequenzierung im gefrorenen Gewebe durchgeführt. Dieser Ansatz verrät uns nicht nur, welche Gene in den verschiedenen Zellen aktiv sind, sondern auch, wie sich die Zellen räumlich organisieren und welche Beziehungen zwischen den verschiedenen Zellen bestehen", erklärt Tosti.
Bei seinen Untersuchungen konnte das Team exokrine Pankreaszellen in drei Subtypen unterteilen. Im Vergleich von erwachsenem Gewebe mit dem von Neugeborenen zeigte sich ein erstaunlicher Umbau der Zellzusammensetzung im Verlauf der Entwicklung. "Wir waren überrascht, dass ein Organ, das bisher als relativ homogen angesehen wurde, einen so komplexen Aufbau aufweist", berichtet Eils. "Indem wir verschiedene biologische und rechnergestützte Verfahren kombiniert haben, haben wir Einblicke in die Kommunikation zwischen den Zellen erhalten, die zuvor in der menschlichen Bauchspeicheldrüse nicht möglich waren."
MEDICA.de; Quelle: Berlin Institute of Health (BIH)