Ein kleiner Piks von großer Bedeutung für die weltweite Pandemiebekämpfung
Ein kleiner Piks von großer Bedeutung für die weltweite Pandemiebekämpfung
21.09.2021
Um das Infektionsgeschehen global zu verfolgen, bedarf es einfacher, kosteneffektiver SARS-CoV-2-Antikörpertests. Venöse Blutentnahmen zur serologischen (Antikörper-)Testung erfordern medizinisches Personal und das Einhalten von Kühlketten. Mit "Do-it-yourself"-Blutentnahmesets können Menschen durch einen Piks in die Fingerkuppe und wenige Blutstropfen selbst eine Probe entnehmen, die dann getrocknet mit der Post verschickt werden kann, um im Labor getestet zu werden. Die Analyse von Trockenblutproben wird in manchen medizinischen Bereichen bereits eingesetzt, z. B. bei Neugeborenenscreenings. Für SARS-CoV-2 Antikörpertests mangelte es bisher noch an einem zuverlässigen hochdurchsatz-fähigen Laborverfahren für umfangreiche serologische Untersuchungen von DBS-Proben.
Wird das Analyseverfahren für immunologische Untersuchungen weltweit angewandt, kann dies dazu beitragen, die Pandemie auf globaler Ebene besser zu verstehen.
Produkte und Aussteller rundum Diagnostika
Aussteller und Produkte zu diesem Thema finden Sie in der Datenbank der MEDICA 2021:
Ein Team von Wissenschaftlern vom Tropeninstitut am LMU Klinikum München hat im Jahr 2020 ein geeignetes Testverfahren entwickelt, das weltweit anwendbar ist. Das Verfahren basiert auf dem qualitativen Roche Elecsys® Anti-SARS-CoV-2 Anti-N-Test, der Antikörper gegen das Nukleokapsid-Antigen (N) detektiert. Das Protokoll wurde jetzt in EBioMedicine (The Lancet) veröffentlicht.
Der halb automatisierte Arbeitsablauf ermöglicht einen hohen Probendurchsatz: In der Vorbereitung werden die Trockenblutproben durch Panthera-Puncher™ (PerkinElmer) aus den Filterpapierkarten ausgestanzt und anschließend für die weitere Analyse aufbereitet. Innerhalb einer Zehn-Stunden-Schicht können so bis zu 2.500 Proben sicher bearbeitet werden. Um die Qualität und Zuverlässigkeit zu belegen, validierten die Wissenschaftler ihr Testverfahren mit 1.710 Proben-Pärchen aus der Münchner KoCo19 Studie.
Die Proben-Pärchen sind venöse Blutproben und DBS-Proben vom gleichen Zeitpunkt. Deren Werte wurden miteinander verglichen und anschließend eine Machbarkeitsanalyse innerhalb der Kohortenstudien durchgeführt. Danach wurden zwei großangelegte Beprobungs-Kampagnen durchgeführt: Einmal wurden von 10.247 Angestellten der Deutschen Post/DHL Trockenblutproben analysiert sowie 4.465 DBS-Proben der KoCo19-Kohorte. Ein großer Anteil der Proben stammte dabei von Probanden, die nur wenige oder gar keine COVID-19 Symptome entwickelt und damit niedrige SARS-CoV-2-Antikörpertiter hatten. Auch diese konnten zuverlässig identifiziert werden.
Die Validierungsergebnisse bestätigten eine hohe Zuverlässigkeit des entwickelten DBS-Laborverfahrens. Die darauffolgende Machbarkeitsstudie ergab eine Sensitivität** von 99,2 Prozent sowie eine Spezifität** von 98,65 Prozent des DBS im Vergleich zur venösen Blutprobe. Dabei lieferte das Verfahren auch bei oligo- oder asymptomatischen Infektionsverläufen und entsprechend geringen Antikörperkonzentrationen zuverlässige Ergebnisse. Eine weitere Erkenntnis war, dass 99,87 Prozent der von Probanden zu Hause selbst erzeugten DBS-Proben auf Filterpapierkarten qualitativ für die Analyse geeignet waren.
Besonders in Entwicklungsländern ermöglicht diese einfach anwendbare Probeentnahme-strategie, um effektiv und kostengünstig zuverlässige Daten zu gewinnen.
Einschränkend ist, dass die bisherige Studie nur den Ansatz für die Anti-Nukleokapsid-Serologie von SARS-CoV-2 bestätigt. Diese muss langfristig durch eine Anti-Spike-basierte Serologie ergänzt werden, um Impftiter von Infektionstitern zu unterscheiden und damit auch den Erfolg von COVID-19 Impfungen messen zu können. Ein quantitatives Verfahren hierzu ist am Tropeninstitut des LMU Klinikums bereits in der finalen Entwicklung.