"Wir sind mittlerweile in der Lage, mit einem dünnen Endoskop die Gallengänge zu untersuchen und Veränderungen dieser kleinen Strukturen innerhalb der Leber darzustellen. Die größte klinische Herausforderung bei der sogenannten Cholangioskopie ist es aber, gutartige, häufig entzündliche Gallengangveränderungen von bösartigen Neubildungen des Gallengangs zu unterscheiden“, erklärt PD Dr. Arne Kandulski, leitender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I des UKR. Diese Unterscheidung ist aber von besonderem Interesse für die betroffenen Patientinnen und Patienten, da bestimmte entzündliche Veränderungen der Gallengänge auch einen Risikofaktor für bösartige Veränderungen darstellen.
Veränderungen der Gallengänge werden üblicherweise mittels einer endoskopisch-retrograden Cholangiographie (ERC) unter Gabe von Kontrastmittel in einem Röntgenbild dargestellt. "Bei der klassischen ERC sehen wir die Konfiguration der Gallengänge und möglicherweise auch eine Engstelle. Wir können jedoch keine Aussage über die Dignität treffen, also ob es sich auch um einen bösartigen Tumor handeln könnte. Durch die ergänzende Untersuchung der Cholangioskopie – durch das Einführen eines zweiten kleinen Endoskops in die Gallengänge - sind wir aber in der Lage, diese Engstelle videoendoskopisch sichtbar zu machen. Die Cholangioskopie erlaubt es, etwaige Veränderungen frühzeitig zu entdecken und zu diagnostizieren, was auch unsere bisher erhobenen Daten zeigen“, so Dr. Kandulski weiter. Wie häufig in den verschiedenen medizinischen Disziplinen spielt auch hier die Zeit eine entscheidende Rolle für die Patientinnen und Patienten. "Je früher wir bösartiges Gewebe entdecken, umso besser sind die therapeutischen Möglichkeiten und somit die Chancen auf Heilung.“
Ziel des geförderten Forschungsprojektes über die Methoden der Endoskopie und der Röntgendurchleuchtung hinaus ist es, Unterstützung durch einen Algorithmus mit sogenannter "Künstlicher Intelligenz“ zu erhalten.
Dafür haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitsgruppe von PD Dr. Kandulski am Universitätsklinikum Regensburg eine wissenschaftliche Zusammenarbeit mit einem Münchner IT-Unternehmen initiiert. Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, auf Grundlage der cholangioskopischen Bilder aus den Gallengängen einen KI-Algorithmus zu entwickeln, der die Ärztinnen und Ärzte bei der genauen Differenzierung von Engstellen und entzündlichen Veränderungen im Gallengangsystem unterstützen soll. Mit einem so trainierten Algorithmus soll es in Zukunft möglich sein, dass die KI Untersuchende schon auf kleinste Veränderungen aufmerksam macht, die das menschliche Auge nicht erkennen kann. Die KI soll darüber hinaus eine Vorhersage treffen können, ob eine solche Veränderung mit höherer Wahrscheinlichkeit als gutartig oder bösartig einzuschätzen ist. Bei der Untersuchung kommt demnach als Hilfe bei der Beurteilung durch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte zukünftig eine Einschätzung durch "Künstliche Intelligenz“ ergänzend hinzu. PD Dr. Kandulski fasst zusammen: "Ziel des Projektes ist es, durch Integration einer künstlichen Intelligenz in den klinischen Ablauf der Cholangioskopie, die Ärztinnen und Ärzte zu unterstützen und so die beste Diagnostik für die Patienten anbieten zu können.“
Bei der endoskopischen Untersuchung des Dickdarms im Rahmen der Darmkrebs-Vorsorge setzen die Ärzte der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I bereits ein System mit integrierter KI im klinischen Alltag ein. Dieses unterstützt die endoskopierenden Ärztinnen und Ärzte während der Untersuchung bei der Detektion und Charakterisierung von Polypen im Dickdarm. „Diese Systeme funktionieren ähnlich wie Assistenzsysteme in modernen PKWs und führen zu einer weiteren Verbesserung der Qualität unserer Vorsorge-Koloskopie. Sie geben den Untersuchenden Hinweise auf Polypen und markieren gezielt Bereiche im Dickdarm, um diese noch einmal genauer zu inspizieren und das Auffinden von Polypen im Dickdarm zu verbessern“, so PD Dr. Kandulski.
MEDICA.de; Quelle: Universitätsklinikum Regensburg (UKR)