Nun hat ein internationales Team von Forschern unter der Leitung von Raffaele Mezzenga, Professor für Lebensmittel und weiche Materialien an der ETH Zürich, eine neue Filtermembran entwickelt, welche Viren hocheffektiv aus Wasser eliminiert und umweltfreundlich ist. Für ihre Herstellung verwendeten die Forscher natürliche Ausgangsmaterialien.
Die Filtermembran basiert auf dem demselben Prinzip, das Mezzenga und seine Mitarbeitenden entwickelt haben, um Schwer- oder Edelmetalle aus dem Wasser zu entfernen. Die Grundlage der Membran sind denaturierte Molkeproteine, die sich zu feinsten Fäserchen, sogenannten Amyloidfibrillen, zusammenlagern. Neu haben die Forschenden dieses Fibrillengerüst mit Nanopartikeln aus Eisen-Hydroxid (Fe-O-HO) kombiniert.
Die Herstellung der Membran ist relativ einfach. Um die Fibrillen zu produzieren, werden aus der Milchverarbeitung stammende Molkeproteine in Säure gegeben und auf 90 Grad Celsius erhitzt. Dadurch strecken sich die Proteine und lagern sich aneinander an, sodass Fäserchen entstehen. Die Nanopartikel lassen sich im selben Reaktionsgefäß wie die Fibrillen erzeugen, indem die Forscher den pH-Wert anheben und Eisensalz beigeben. Dieses «zerfällt» in Eisen-Hydroxid-Nanopartikel, die sich an den Amyloidfibrillen anlagern. Als Träger für die Membran verwendeten Mezzenga und seine Mitarbeiter in diesem Fall Zellulose.
Die Kombination von Amyloidfibrillen und Eisen-Hydroxid-Nanopartikeln macht die Membran zu einer hochwirksamen und effizienten Falle für verschiedene, im Wasser zirkulierende Viren. Das positiv geladene Eisenoxid zieht die negativ geladenen Viren elektrostatisch an und inaktiviert sie. Die Amyloidfibrillen alleine wären dazu nicht in der Lage, da sie wie die Virenpartikel bei neutralem pH-Wert ebenfalls negativ geladen sind. Die Fibrillen sind aber der ideale Träger für die Eisenoxid-Nanopartikel.
Die Membran eliminiert verschiedene Viren im Wasser, so auch hüllenlose Adeno-, Retro- und Enteroviren, die gefährliche Magendarm-Infektionen verursachen können. Pro Jahr sterben rund eine halbe Million Menschen – oft Kleinkinder in Entwicklungs- und Schwellenländern – an Infektionen mit Enteroviren. Diese sind äußerst zäh und säurebeständig und verbleiben sehr lange im Wasser. Die Filtermembran könnte deshalb gerade in ärmeren Ländern solche Infektionen verhindern helfen.
Sehr effizient eliminiert die Membran auch Grippeviren H1N1 sowie das Sars-Cov-2-Virus aus dem Wasser. In den gefilterten Proben lag die Konzentration der beiden Viren unterhalb der Nachweisgrenze, was einer fast vollständigen Eliminierung dieser Krankheitserreger gleichkommt.
Konzipiert ist die Membran in erster Linie für den Einsatz in Kläranlagen oder bei der Trinkwasseraufbereitung. Sie könnte jedoch auch in Luftfilteranlagen oder sogar in Masken eingesetzt werden. Sie besteht ausschließlich aus biokompatiblen Materialien –, könnte also nach Gebrauch einfach kompostiert werden, und lässt sich mit minimalem Energieaufwand produzieren. Sie weist deshalb eine hervorragende Umweltbilanz auf, wie die Forscher in ihrer Studie ebenfalls aufzeigen. Die Filtration ist passiv, kommt also ohne zusätzlichen Energieaufwand aus, was den Betrieb CO2-neutral macht und sie für verschiedene Einsatzorte prädestiniert.
MEDICA.de; Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)