Die Fraunhofer-Forschenden setzen bei der technischen Umsetzung auf eine modulare Bauweise. Diese ist standardisierbar, was das System flexibel einsetzbar und schnell auf- und abbaubar macht. Vor allem können die einzelnen Komponenten des System-Baukastens individuell an verschiedene Anforderungen angepasst werden: Je nach Einsatzland (Industrie-, Schwellen- oder Entwicklungsland), Einsatzgrund (Pandemie, Umweltkatastrophe, Unwetterkatastrophe) oder Krisenbewältiger, wie zum Beispiel THW, Feuerwehr, Rettungsdienst, Ärzte ohne Grenzen, Allgemeine Medizinische Versorgung, und der vorhandenen Infrastruktur (Strom, Wasser, Gas, Wärme) werden Technologien wie die Herstellung von Desinfektionsmitteln oder Wasseraufbereitung und Ausstattungskomponenten, z. B. ein Intensivkrankenzimmer, maßgeschneidert kombiniert.
An dem Gesamtprojekt arbeiten mehrere Fraunhofer-Institute in einzelnen Teilprojekten zusammen, für die das Fraunhofer IFF die Gesamtkoordination übernommen hat. Neben dem Fraunhofer IFF sind die Fraunhofer-Institute ICT, IFAM, IGB, ISE und IST beteiligt. Für die einzelnen Teilaspekte des Gesamtprojektes "Desinfektion und Sterilisation", "Sauerstoffaufbereitung" und "Versorgung und Infrastruktur" haben die Fraunhofer-Institute Konsortien gebildet.
In einer medizinischen Versorgungsstation müssen Arbeits- und Geräteoberflächen schnell und einfach hygienisch zu reinigen sein, damit Patienten nicht mit Keimen infiziert werden. Daher sollen im Teilvorhaben MATSE Oberflächenmaterialien geprüft und ausgewählt werden, sodass Viren und Bakterien bei der Ausbreitung gehemmt oder sogar inaktiviert werden.
Ziel des Teilvorhabens MATSE ist es weiterhin, die zur Desinfektion benötigten Mittel direkt vor Ort herzustellen. Dazu soll auf Basis eines Diamantelektroden-basierten Systems die Flächendesinfektion mittels Hypochlorit möglich werden. UV-LEDs werden ebenfalls eine sehr energieeffiziente Möglichkeit bieten, berührungslos "per Knopfdruck" Oberflächen keimfrei zu machen. Zur Kontrolle werden Sensoren eingesetzt, mit denen die medizinisch genutzten Oberflächen zuverlässig und schnell auf Viren und Bakterien getestet werden können.
In dem weiteren Teilvorhaben OzoSter ist dazu der Aufbau eines Gerätedemonstrators zur einfachen, autarken und wirtschaftlichen In-situ-Herstellung von Desinfektionsmitteln geplant. Das mobile System soll eine kontinuierliche Versorgung mit Desinfektionsmitteln auch in Krisenzeiten sicherstellen. Dabei soll ozonisiertes Wasser in einem autarken Sprühsystem eingesetzt werden.
Im Teilvorhaben P2MedCon beschäftigen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der Nutzung vorhandener Wärmepotenziale zur Wasservorwärmung sowie zur Energiebereitstellung für einen elektrischen Verdampfer zur Sterilisation von medizinischen Instrumenten auf Basis der elektrolyse- und brennstoffzellenbasierten Versorgungsinfrastruktur. Die Entwicklung eines funktionsfähigen Prototyps zur batteriebetriebenen Sterilisation steht beim Teilvorhaben FAMOS im Mittelpunkt.
Im Teilvorhaben e3C-O2 wird eine neuartige Technologie eines elektrochemischen Sauerstoffgenerators entwickelt und erstmals eingesetzt. Ziel des Teilprojektes O2GEN ist der Aufbau und die Erprobung eines neuartigen, prototypischen Geräts zur Erzeugung und gesteuerten Abgabe von reinem Sauerstoff (> 95 Volumenprozent), der u.a. für den notfallmedizinischen, intensivmedizinischen, medizinischen, pflegerischen und häuslichen Gebrauch breite Anwendung findet. Im Teilvorhaben P2MedCon soll Sauerstoff aus der infrastrukturellen Versorgung als Beiprodukt bereitgestellt werden.
In diesem Teilprojekt P2MedCon wird außerdem ein mobiles Intensivkrankenzimmer für die Behandlung schwerstkranker Patienten in Intensivbetten mit invasiver Beatmung weiterentwickelt. Dieses kann in Notfallpläne implementiert werden und dient einer Entlastung der Krankenhauskapazitäten. Dabei werden medizinische Behandlungscontainer mit den neu entwickelten Systemkomponenten verbunden.
Die Versorgungssicherheit einer solchen Krankenstation ist von zentraler Bedeutung. Ein Aspekt im Teilprojekt MATSE betrifft daher die Bereitstellung von hygienisch einwandfreiem, von Viren und Bakterien unbelastetem Wasser. Gleichzeitig darf belastetes Abwasser nicht einfach in die Umwelt gelangen. Dementsprechend sollen Lösungen für eine autarke und flexible Rohwasseraufbereitung (Entfernung von Viren, Bakterien und Giftstoffen), sowie effektive Verfahren zur Abwasserbehandlung (Schwarz- und Grauwasser) entwickelt werden.
Eine weitere Grundvoraussetzung für den mobilen Betrieb ist die zuverlässige und ständig verfügbare Stromversorgung. Die Entwicklung einer autarken Energieversorgung ist daher einer der wichtigsten Teilaspekte des Projektes. Dies kann beispielsweise über ein rein auf Photovoltaik basierendes Energieversorgungssystem erfolgen. Dadurch kann das System auch in Regionen eingesetzt werden, in denen keine Anbindung an das Stromnetz möglich oder mit häufigen Stromausfällen zu rechnen ist.
Die Stromversorgung muss allerdings auch dann gewährleistet sein, wenn über mehrere Tage keine solaren Erträge erzielt werden können. Dazu müssen entsprechende Speicherkapazitäten in Verbindung mit einem intelligenten Energiemanagementkonzept vorgehalten werden. Ebenso muss im Falle eines technischen Ausfalls Redundanz gewährleistet sein, um Kühlsysteme, Notbeleuchtung und andere wichtige Energieverbraucher über einen gewissen Zeitraum mit Strom versorgen zu können.
Perspektivisch können diese technischen Lösungen auch unter den ökonomischen und sozialen Randbedingungen in Entwicklungs- und Schwellenländern durch Low-Cost-Analysis und frugale Innovation weiterentwickelt werden und so eine medizinische Versorgung in Gebieten sicherstellen, in denen diese bisher nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich ist.
MEDICA.de; Quelle: Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF)