Die Ergebnisse haben sie in Advanced Materials publiziert. Dazu testeten sie den CRISPR-Biosensor an Blutproben von vier Kindern mit diagnostizierten Hirntumoren. „Unser elektrochemischer Biosensor ist fünf- bis zehnmal sensitiver als die anderen Anwendungen, die CRISPR/Cas für die RNA-Analyse nutzen“, erklärt der Freiburger Mikrosystemtechniker Dr. Can Dincer, der das Team zusammen mit dem Biologen Prof. Wilfried Weber von der Albert-Ludwigs-Universität leitet. "Wir leisten für diese neue Verwendung der Genschere in Deutschland und Europa Pionierarbeit", betont Dincer.
Die so genannten Mikro-RNAs sind kurze Moleküle, die zwar im Chromosomensatz codiert sind, nicht aber wie andere RNA-Sequenzen in Eiweiße umgeschrieben werden. Bei manchen Krankheiten wie Krebs oder neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer lassen sie sich im Blut vermehrt nachweisen. Für bestimmte Krebsformen verwenden Ärzte sie bereits als Erkennungsmerkmal. Erst der Nachweis von einer Vielzahl solcher Signalmoleküle lässt eine Diagnose zu. Eine Version des Biosensors, der bis zu acht unterschiedliche RNA-Marker gleichzeitig erkennt, testen die Wissenschaftler bereits.
Der CRISPR-Biosensor funktioniert folgendermaßen: Ein Tropfen Serum wird mit einer Reaktionslösung gemischt und auf den Sensor getropft. Enthält sie die RNA, die es zu erkennen gilt, bindet dieses Molekül an einen Proteinkomplex in der Lösung und öffnet die Genschere – ähnlich wie ein Schlüssel, der ein Schloss und damit eine Tür öffnet. Das so aktivierte CRISPR-Protein schneidet Reporter-RNA-Stücke ab, an denen Moleküle hängen, die Strom erzeugen. Das Schneiden verringert die Stromstärke. Diese Stromänderung lässt sich elektrochemisch messen und zeigt an, ob die gesuchte Mikro-RNA in der Probe nachweisbar ist. "Das Besondere an unserem System ist, dass es ohne die Vervielfältigung der Mikro-RNA auskommt, denn dazu bräuchte es spezialisierte Geräte und Chemikalien. Das macht unser System günstig und erheblich schneller als andere Verfahren", erläutert Dincer. Er forscht am Freiburger Zentrum für interaktive Werkstoffe und bioinspirierte Technologien (FIT) und zusammen mit Prof. Gerald Urban am Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK) an den neuen Sensoren.
Die Forscher streben an, das System in etwa fünf bis zehn Jahren so weiterzuentwickeln, dass es für Krankheiten mit etablierten Mikro-RNA-Markern einen ersten Schnelltest gibt, der direkt in Arztpraxen verwendet wird. "Das Laborequipment muss dazu jedoch noch handlicher werden", erklärt Weber.
MEDICA.de; Quelle: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau