Die Forscher nutzten ihr Wissen über die Anfertigung von innovativen In-vitro-Zellkulturmodellen von menschlichen Atemwegen, um eine umfangreiche Sammlung ähnlicher Modelle von verschiedenen Haus- und Wildtieren zu erstellen. Dazu isolierte das Team Atemwegs-Epithelzellen (AEC) aus den Lungen und Bronchien von verstorbenen Tieren und erstellte eine Zell-Biobank von verschiedenen Tierarten. Dank dieser spezifischen AEC-Kulturmodellen konnten die Forscher feststellen, ob die entsprechenden Tiere mit SARS-CoV-2 infiziert werden können. Da die Zellen von verstorbenen Tieren isoliert wurden und sich diese isolierten Zellen in einer Petrischale kultivieren und vermehren lassen, waren keine Tierversuche nötig. Bislang enthält die Biobank Zellkulturen von zwölf verschiedenen Tierarten: Rhesusaffe, Katze, Frettchen, Hund, Kaninchen, Schwein, Rind, Ziege, Lama, Kamel und zwei Fledermausarten aus Mittel- und Südamerika.
"Unsere Sammlung ist einzigartig, und bisher sind wir die ersten, die eine so große Biobank neuartiger In-vitro-Zellkulturmodelle von verschiedenen domestizierten und wildlebenden Tierarten verwendet haben, um ihre Anfälligkeit für eine SARS-CoV-2-Infektion zu untersuchen", sagt Ronald Dijkman vom Institut für Infektionskrankheiten (IFIK) der Universität Bern.
Die In-vitro-Ergebnisse stimmten größtenteils mit zuvor veröffentlichten Studien überein, bei denen Tierversuche verwendet wurden, um die Anfälligkeit verschiedener Tiere für eine SARS-CoV-2-Infektion zu beurteilen. Mittels Sequenzierung des gesamten Genoms des Virus stellten die Forscher zudem fest, dass sich SARS-CoV-2 in den In-vitro-Modellen von Rhesusaffen und Katzen effizient vermehrte, ohne dass sich das Virus anpassen musste. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass bestimmte Affen- und Katzenarten besonders anfällig für eine SARS-CoV-2-Infektion sein könnten. "Unsere Ergebnisse – zusammen mit zuvor dokumentierten Übertragungen zwischen Mensch und Tier – zeigen, dass eine genaue Überwachung dieser Tiere und anderer naher Verwandter notwendig ist, egal ob bei Wild- Nutz- oder Haustieren", sagt Dijkman.
Die Erkenntnisse können von den zuständigen Behörden für die SARS-CoV-2-Überwachung an der Schnittstelle zwischen Mensch und Tier genutzt werden. Insbesondere können sie dazu dienen, Überwachungsprogramme zur Früherkennung einzurichten und anzupassen, um Tiere zu überwachen, die potenzielle "Spillback-Reservoirs" für SARS-CoV-2 sein können. Dijkman erklärt: "Dadurch können wir verhindern, dass sich in Tieren neue SARS-CoV-2-Varianten entwickeln, die wieder auf den Menschen überspringen, und gegen die aktuelle Impfstoffe möglicherweise keinen Schutz bieten."
MEDICA.de; Quelle: Universität Bern