Die PCI (perkutane Koronarintervention) ist im klinischen Alltag nach wie vor mit einigen potentiellen Risiken, sowohl für den Patienten als auch für das Personal des Herzkatheterlabors, verbunden. "Für den Patienten sind dies unter anderem die Strahlenbelastung, das akute Nierenversagen durch Kontrastmittelgabe und die Stentthrombose oder Stentstenose bei falscher visueller Einschätzung der Läsionslänge", berichtet Nef. Auch das klinische Personal ist auf Dauer einer Belastung ausgesetzt, welche sich vor allem durch das Tragen von schweren Bleischürzen und die Röntgenstreustrahlung bemerkbar macht. Interventionelle Kardiologen entwickeln bereits in den frühen Lebensjahren häufiger Katarakte als Ärzte aus anderen Fachgebieten. In einer kürzlich publizierten Beobachtungsstudie wurde zudem die Sorge um einen möglichen Zusammenhang zwischen der lebenslangen Strahlenbelastung bei interventionellen Kardiologen und der Entwicklung von linksseitigen Hirntumoren geäußert.
Nicht zuletzt aus diesen Gründen wurde seit Jahren nach einer robotergestützten und ferngesteuerten Alternative geforscht. In diesem Zusammenhang wurden roboter-gestützte und ferngesteuerte Systeme für koronare und endovaskuläre Eingriffe entwickelt, um einige dieser oben erwähnten Risiken zu minimieren. Erste Versuche haben die Sicherheit, Anwendbarkeit und Effektivität des nun in Gießen eingesetzten Gerätes mit der konventionellen PCI verglichen. In der ersten veröffentlichten Studie beurteilen die Behandler die Leistungen des Robotersystems in 97,5 Prozent der Fälle als gleichwertig oder besser als das herkömmliche manuelle PCI-Verfahren. Die Strahlenbelastung des interventionellen Kardiologen reduzierte sich um 97 Prozent im Vergleich zur konventionellen PCI.
Darüber hinaus wurden Robotersysteme für die PCI auch mit dem Ziel entwickelt, die Präzision zu erhöhen. So erlaubt ein Robotersystem durch seine mechanische Präzision eine exakte Steuerung der Stent- und Ballonpositionierung (0,5-mm-Schritte). "Eine genaue Positionierung von Stent und Ballon ist entscheidend für den prozeduralen Erfolg der PCI und das langfristige Ergebnis" sagt Prof. Christian Hamm, Direktor der Medizinischen Klinik I, Kardiologie und Angiologie, am Uniklinikum Gießen. "Wenn koronare Läsionen nicht vollständig durch Stents abgedeckt werden, ist dies ein wesentlicher Risikofaktor für Folgeeingriffe durch Restenosen." Zukünftige Implementierung von künstlicher Intelligenz erlaubt zudem eine weitere Simplifizierung der PCI-Prozedur.
MEDICA.de; Quelle: Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH