Eines der großen Ziele in den Neurowissenschaften ist es zu verstehen, wie Wahrnehmung, Lernen und Verhalten durch die Aktivität des Gehirns zustande kommen.
Dafür ist es wichtig, physiologische Prozesse im Detail zu verstehen, die grundlegend für die Steuerung der Hirnfunktionen sind.
Dazu gehört, die Eigenschaften der molekularen Bausteine des Gehirns – die Proteine – näher zu untersuchen und zu verstehen, wie sie ersetzt oder ihre Funktionalität über ihre Lebenszeit erhalten werden kann. Gibt es Proteine im Gehirn, die länger leben als andere?
Beeinflusst die Hirnaktivität vielleicht die Stabilität der Proteinbausteine? Und inwiefern sind diese Mechanismen bei neurodegenerativen Demenz-Erkrankungen gestört?
Um diese und weitere Fragen zu beantworten, haben sich Wissenschaftler der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), des Max-Planck-Instituts für biophysikalische Chemie (MPI-BPC), des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und des Instituts für Medizinische Systembiologie in Hamburg zusammen-geschlossen. Unter Leitung von Prof. Silvio O. Rizzoli vom Exzellenzcluster für Mikroskopie im Nanometerbereich und Molekularphysiologie des Gehirns (CNMPB) der UMG und Prof. Henning Urlaub (UMG, MPI-BPC) entwickelte das Team eine neue Methode zur präzisen Bestimmung der Stabilität von Proteinen im Mäusehirn.
Erstmals gelang es damit Dr. Eugenio F. Fornasiero vom Institut für Neuro- und Sinnesphysiologie, UMG, und Kollegen, die verschiedenen Lebenszeiten von mehr als 3.500 verschiedenen Proteinen im Gehirn zu beschreiben.
Die hohe Präzision dieser Methode macht es zudem möglich, Proteine im Gehirn und in Nervenzellen in ganz spezifischen Bereichen und auch in Abhängigkeit des physiologischen Zustandes zu erfassen.
Basierend auf den Ergebnissen dieser Studie gelang es den Wissenschaftlern in einer Folgestudie, Faktoren zu analysieren, die die Proteinstabilität beeinflussen. Dabei konnten sie zeigen, dass schon die Zusammensetzung der Gene Einfluss auf die Proteinstabilität hat.
Diese Erkenntnisse könnten zukünftig dazu beitragen, die grundlegenden Prinzipien der Proteinstabilität besser zu verstehen und neurodegenerative Erkrankungen zu erforschen.
Um die zukünftige Forschung zur Entschlüsselung von Krankheitsmechanismen, die auf krankhaften Veränderungen der Lebensdauer von Proteinen beruhen, zu unterstützen, werden die Ergebnisse der Wissenschaft frei zur Verfügung gestellt.
Die Forschungsergebnisse der beiden Studien sind in den renommierten Fachzeitschriften Nature Communications und Scientific Reports veröffentlicht. Gefördert wurden die Projekte unter anderem vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
MEDICA.de; Quelle: Universitätsmedizin Göttingen (UMG)