Eine neue Studie am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der ÖAW gemeinsam mit der MedUni Wien zeigt, wie epigenetische Analysen und automatische Mikroskopie helfen, vielversprechende Kombinationen von Medikamenten für die Leukämie-Therapie zu finden und mögliche Einschränkungen zu überwinden. Die Studie wurde in Nature Chemical Biology veröffentlicht.
Viele neue Krebsmedikamente schalten gezielt einzelne Eiweiße aus, die für das Wachstum von Krebszellen wichtig sind. Ein Beispiel ist Ibrutinib, ein im Jahr 2014 zugelassenes, innovatives Medikament für chronische lymphatische Leukämie. Diese Krankheit wird durch unkontrolliertes Wachstum von Zellen des körpereigenen Immunsystems verursacht. Es ist die häufigste Leukämie in der westlichen Welt. Ibrutinib durchbricht den Kreislauf des ungebremsten Zellwachstums und ermöglicht auch Hochrisiko-PatientInnen mit chronischer lymphatischer Leukämie ein langes Überleben. Die Patienten müssen das Arzneimittel jedoch jeden Tag einnehmen und dadurch oft schwere Nebenwirkungen ertragen, wie zum Beispiel Fieber, Schmerzen und chronische Müdigkeit.
Um die Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie zu verbessern, erforschen Wissenschaftler die gezielte Kombination mehrerer Krebsmedikamente. Sie suchen nach Medikamenten, die potenzielle Schwachstellen der mit Ibrutinib behandelten Leukämiezellen ausnutzen können. Das Ziel ist, die Leukämie so hart zu treffen, dass die Behandlung in absehbarer Zeit ohne negative Auswirkungen abgesetzt werden kann.
In einer gemeinsamen Studie haben Forscher des CeMM und der Medizinischen Universität Wien eine Methode entwickelt, die es ermöglicht, eine große Zahl von Medikamenten parallel und effektiv nach vielversprechenden Kombinationen zu durchsuchen.
Die neue Methode kombiniert epigenetische Analysen mit einer Bestimmung der Wirksamkeit diverser Medikamente auf einzelne Krebszellen. Sie identifiziert charakteristische epigenetische Veränderungen in Leukämiezellen von Patienten, die mit Ibrutinib behandelt werden und bestimmt mittels automatischer Mikroskopie, welche Medikamente spezifisch diese Leukämiezellen abtöten. Alle Experimente wurden mit Blut von Leukämie-PatientInnen durchgeführt, das vor und während der Behandlung mit Ibrutinib abgenommen wurde. Dies ermöglichte die gezielte Suche nach Ibrutinib-induzierten Schwachstellen in den Leukämiezellen.
Christoph Bock, Forschungsgruppenleiter am CeMM, betont die Relevanz für die personalisierte Medizin: "Um den Krebs in Schach zu halten, braucht es oft mehrere Medikamente gleichzeitig. Die Suche nach solchen Kombinationstherapien umfasst leider viel Versuch und Irrtum. Deshalb haben wir eine Methode entwickelt, mit der wir gezielt priorisieren können, was wahrscheinlich funktionieren wird. Die ersten Ergebnisse bei chronischer lymphatischer Leukämie sind vielversprechend, und ich bin überzeugt, dass unsere Methode zur Entwicklung personalisierter Therapien für Leukämie und andere Krebsarten beitragen wird."
MEDICA.de; Quelle: CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften