Weil sich ACE2 auch in Herzmuskelzellen befindet, können die Viren auch das Herz befallen und dort massive Entzündungen auslösen. Eine Forschungsgruppe des Instituts für Molekulare und Translationale Therapiestrategien der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hat nun eine Möglichkeit entdeckt, diesen Weg für das Coronavirus zu blockieren. Die Studie unter der Leitung von Institutsdirektor Prof. Thomas Thum und Dr. Christian Bär ist im Journal of Molecular and Cellular Cardiology veröffentlicht. Erstautoren sind Dongchao Lu und Shambhabi Chatterjee, PhD.
ACE2 steuert den Salz- und Flüssigkeitsgehalt im Körper und regelt den Blutdruck. Als Andockstelle für Coronaviren spielt das Enzym zudem eine zentrale Rolle bei COVID-19. "Als einer der Hauptrezeptoren für SARS-CoV-2 ist ACE2 gleichzeitig ein potenzielles Ziel zur Bekämpfung von COVID-19", erklärt Prof. Thum. Sein Forschungsteam hat nach Möglichkeiten gesucht, die Enzymkonzentration herunter zu regulieren und ist mit Hilfe von bioinformatischen Methoden auf eine Gruppe von mikroRNAs gestoßen, die den Prozess steuern. mikroRNAs sind winzige, nicht-codierende RNA-Schnipsel, die keinen genetischen Bauplan umsetzen, sondern den Bau von einzelnen Proteinen in der Zelle sehr gezielt verhindern können.
"Vor allem ein Kandidat namens miR-200c konnte die ACE2-Aktivität in Herzmuskelzellen von Ratten und in im Labor aus Stammzellen hergestellten menschlichen Kardiomyozyten deutlich herunterregulieren", sagt Studienleiter Dr. Bär. Im nächsten Schritt muss das vielversprechende Ergebnis aus den Zellkultur-Versuchen nun in lebenden Organsimen überprüft werden. Sollte die Studie auch im Mausmodell erfolgreich verlaufen, könnte der Einsatz von miR-200c künftig eine wichtige Strategie im Kampf gegen Coronaviren sein – selbst dann, wenn es einen wirksamen Impfstoff gibt. "Auch die Erreger der schweren Atemwegserkrankungen SARS und MERS gehören zu den Coronaviren, die über ACE2 in die Zellen gelangen", betont Prof. Thum. Daher sei es nicht unwahrscheinlich, dass auch bei einer künftigen Coronavirus-Pandemie dieser Mechanismus genutzt werden kann.
MEDICA.de; Quelle: Medizinische Hochschule Hannover