Jetzt hat ein Forschungsteam um Prof. Christian Mühlfeld, kommissarischer Leiter des Instituts für Funktionelle und Angewandte Anatomie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), diese Zellen zum ersten Mal zweifelsfrei mit dem Elektronenmikroskop nachgewiesen. Die Ergebnisse sind im American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine (Blue Journal) veröffentlicht.
Lipofibroblasten sind spezielle Bindegewebszellen, die kleine Fetttröpfchen (Lipidkörper) enthalten. "Bei vielen Untersuchungen in Mäusen und Ratten wurde festgestellt, dass dieser Zelltyp in der Lunge verschiedene wichtige Funktionen beeinflusst", sagt Mühlfeld. So spielt die Zelle als Vitamin A-Speicher bei der Entwicklung von Lungenbläschen (Alveolen) eine wichtige Rolle. Neuere Studien am Mausmodell haben außerdem gezeigt, dass sie sich zu Myofibroblasten umbilden können. Dieser Mischtyp aus Zellen des Bindegewebes und der glatten Muskulatur ist wichtig für die Elastizität und Stabilität der Lunge.
Myofibroblasten können jedoch auch übermäßig viel Kollagen produzieren, das Lungengewebe verhärten und so eine Fibrose auslösen, die zu Luftnot führt. Die Zellen lassen sich experimentell aber auch in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzen, sodass die Fibrosebildung gestoppt werden kann. "Lipofibroblasten bieten somit wichtige therapeutische Ansätze für die Behandlung verschiedener Lungenerkrankungen", erklärt der Mediziner – allerdings nur, wenn sich die Erkenntnisse aus der Lungenforschung an den Nagetieren tatsächlich auf den Menschen anwenden lassen.
Um das zu beantworten, hat das Forschungsteam einen ungewöhnlichen Schritt gemacht. "Wir haben die unterschiedlichen Nachweismethoden aus verschiedenen Forschungspublikationen, die die Existenz der Zellen entweder bestätigen oder anzweifeln, miteinander kombiniert", erklärt Dr. Julia Schipke, Erstautorin der Studie. In Gewebeschnitten aus gesundem, fibrotischem oder durch zerstörte Lungenbläschen geschädigtem (emphysematösem) menschlichen Lungengewebe, das durch das Team um Prof. Danny Jonigk vom MHH-Institut für Pathologie bereitgestellt worden war, suchte die Biologin nach Lipofibroblasten.
Dabei nutzte Dr. Julia Schipke verschiedene Marker, um unterschiedliche biochemische Eigenschaften der Bindegewebszellen hervorzuheben. Im Fluoreszenzmikroskop erschienen diese dann als farbige Punkte. "Allerdings konnten wir die Zellstrukturen in der relativ geringen Auflösung nicht darstellen und auch die Lipidtropfen nicht eindeutig identifizieren", sagt die Wissenschaftlerin. Für den endgültigen Beweis musste sie den markerbasierten Nachweis der Zellen mit der hochauflösenden Elektronenmikroskopie kombinieren. Erst der Blick durch das Elektronenmikroskop ergab den finalen Beweis: Die lipidtropfen-haltigen Zellen waren sowohl in den gesunden als auch in den erkrankten Lungen enthalten und in ihrer Struktur gut zu erkennen.
"Damit haben wir nicht nur das erste elektronenmikroskopische Bild der Lipofibroblasten in der menschlichen Lunge geliefert und eine wichtige Lücke in der Lungenforschung geschlossen", freut sich Mühlfeld. Die in seinem Institut weiterentwickelte Methode der korrelativen Mikroskopie, einzelne Zellen erst im Lichtmikroskop zu lokalisieren, aus dem Schnitt herauszulösen und dann im etwa 500mal stärker vergrößernden Elektronenmikroskop nachzuweisen, lässt sich auch bei der Suche nach anderen Zellen anwenden.
MEDICA.de; Quelle: Medizinische Hochschule Hannover