Ausgangspunkt für die Studie war eine Beobachtung von Nikolaus Weiskopf, heute Direktor am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig: "Für uns ging es in erster Linie um die ganz praktische Frage: Können wir unsere Studien mit tätowierten Probanden bedenkenlos durchführen? Welche Einschränkungen gibt es möglicherweise? Am UCL Wellcome Centre for Human Neuroimaging des University College in London, wo ich die Studie 2011 gestartet habe, kamen zunehmend Probanden zu uns, die tätowiert waren. Zum damaligen Zeitpunkt gab es einfach nicht genügend Daten, um die Wahrscheinlichkeit von Tattoo-Nebenwirkungen bei Untersuchungen im MRT zu bestimmen." 2016 wechselte Nikolaus Weiskopf ans Max-Planck-Institut nach Leipzig; seine ehemalige Kollegin in London, Martina Callaghan, führte die Studie zum Abschluss. "Anhand unserer Untersuchungen können wir den Probanden an Forschungseinrichtungen nun aufgrund aussagekräftiger Zahlen sagen: Wenn man unter diesen in der Studie festgestellten Bedingungen scannt, ist das Risiko sehr gering, dass es zu Nebenwirkungen kommt.", wie die Physikerin erklärt.
Berichte über Komplikationen stützen sich zumeist auf Einzelfälle – darin werden häufig zwei verschiedene Reaktionen beschrieben: Es kann zum Beispiel vorkommen, dass die Farbe in den Tattoos mit dem statischen Magnetfeld im Tomographen interagiert. Denn Farben in Tattoos können Pigmente enthalten, die eisenhaltig sind und somit magnetisch – durch die starken Magnetfelder im MRT können diese kleinen Teilchen angezogen werden, was wiederum dazu führen kann, dass Probanden einen Zug an der tätowierten Haut spüren. Eine andere Interaktion, die von einzelnen Betroffenen beschrieben worden ist, stellt aber aus Sicht der Experten ein größeres Gefahrenpotenzial dar: Viele der Farbpigmente sind leitfähig. Bei der MR-Tomographie werden sogenannte Hochfrequenzfelder verwendet, um Bilder zu erzeugen. Protonen-Spins werden angeregt, um ihre Signale aufzeichnen zu können. "Das Hochfrequenzfeld hat üblicherweise eine Frequenz von ein paar hundert Megahertz – damit kommt man in die Resonanzlängen von leitenden Strukturen, die ungefähr auch der Länge eines Tattoos entsprechen. In diesem Fall nimmt das Tattoo viel von der Energie des Hochfrequenzfeldes auf, die sich normalerweise weiträumiger verteilen würde. Dann kann es passieren, dass sich das Tattoo erwärmt. Im schlimmsten Fall kann das zu Verbrennungen führen.", sagt Weiskopf.
Er hat mit seinen Kooperationspartnern 330 Probanden vor und nach dem MRT-Scan untersucht und insgesamt 932 Tätowierungen getestet. Systematisch sammelten die Wissenschaftler Informationen über die Tätowierungen ihrer Probanden – wie groß sie sind, wo sie liegen, welche Farben verwendet wurden. Auch in welchen Ländern die untersuchte Tattoovielfalt gestochen wurde, ist erfasst: die meisten in Europa, aber auch in Amerika, Asien, Afrika und Australien. Ein Großteil der Bilder auf der Haut bestand aus schwarzer Farbe, es wurden jedoch auch andere farbige Varianten registriert. "Unsere Studie untermauert, dass die Mehrzahl der Probanden mit Tattoos keinerlei Nebenwirkungen bemerkt haben.", sagt Weiskopf.
MEDICA.de; Quelle: Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften