Für die erfolgreiche Behandlung der Lungenerkrankung wird ein Mix aus verschiedenen Medikamenten verabreicht. Problematisch wird es, wenn die bakteriellen Erreger Resistenzen bilden. Um die Ausbreitung der Tuberkulose zu verhindern, müssen daher nicht nur neue Antibiotika entwickelt, sondern auch immer neue Wirkstoffkombinationen gefunden werden.
Geeignete 'Medikamentencocktails', die auch gegen resistente Bakterien wirksam sind, können bislang nur durch teure klinische Studien identifiziert werden. Es mangelt an nicht-klinischen, im Labor durchführbaren Ansätzen, die das Zusammenspiel neuer Wirkstoffe vorhersagen können.
Die Münchner Wissenschaftler wollen dies ändern: "Mit unserem Projekt wollen wir das dringend benötigte präklinische Labormodell entwickeln, um neue Wirkstoffkombinationen für die Tuberkulose-Behandlung bereits im vorklinischen Stadium vorherzusagen", beschreibt Prof. Hoelscher vom Tropeninstitut am LMU Klinikum das Forschungsvorhaben.
"Wir setzen selbstlernende Algorithmen ein, um das Zusammenspiel von verschiedenen Medikamenten bei der Wirkung auf den Stoffwechsel der Tuberkuloseerreger, den Mykobakterien, zu verstehen", erläutert Prof. Fabian Theis von der Technischen Universität München (TUM)/Helmholtz Zentrum München.
"Besonderes Interesse besteht darin, biologische Moleküle zu bestimmen, die Resistenzmechanismen wiederspiegeln, und herauszufinden, wie wir dies gezielt mit Medikamenten reversieren können", fügt Dr. Michael Menden vom Helmholtz Zentrum München hinzu.
Durch eine neue, an der LMU entwickelte experimentelle Technik kann die Neubildung von vielen Biomolekülen in Mykobakterien dynamisch, das heißt über die Zeit, gemessen werden. "Dadurch können wir die Veränderung der Stoffwechselwege von Tuberkulose-Erregern während der Behandlung mit Antibiotika beobachten. Dies ermöglicht es uns, die Wirkung verschiedener Antibiotika sowohl einzeln als auch in Kombination zu charakterisieren", schildert Dr. Wieser vom Tropeninstitut am LMU Klinikum München und vom Max von Pettenkofer-Institut der LMU, das Vorgehen.
Die dabei entstehenden dynamischen Daten über die Wirkungsweise werden mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und Systembiologie modelliert, um ein besseres Verständnis des Erregers zu erhalten. Damit wollen die Forscher herausfinden, welche Wirkstoffe ideal zusammenpassen. Auf dieser Basis könnten künftig neue Kombinationen von Medikamenten für die Behandlung von Tuberkulose entwickelt werden, die auch gegen resistente Erreger wirksam sind.
MEDICA.de; Quelle: LMU Klinikum München