Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, denn die Entwicklung eines Vakzins ist eine komplexe Angelegenheit mit langwierigen Prüfungen auf Effektivität und Nebenwirkungsfreiheit. Ein Beispiel ist der so genannte Neutralisationstest, ein essentieller Baustein der Impfstoffentwicklung: Mit ihm lässt sich im Labor überprüfen, ob ein Impfstoffkandidat im Körper des Menschen eine Immunantwort auslöst und eine ausreichende Zahl von Antikörpern gebildet wird, um eine Infektion zu verhindern. Dazu vergleicht man die Infektiosität des Virus in An- und Abwesenheit des Serums einer geimpften Person anhand eines dafür geeigneten Modells einer Wirtszelle. Aus dem Zustand der Wirtszellen können Forscher ableiten, ob und in welcher Menge Antikörper in der Serumprobe vorhanden sind, um daraus die Effektivität des Impfstoffes zu bewerten.
Ein Forschungsteam um Prof. Joachim Wegener, Leiter der Gruppe Zellbasierte Sensorik an der Fraunhofer-Einrichtung für Mikrosysteme und Festkörper-Technologien EMFT sowie um Prof. Ralf Wagner vom Institut für Mikrobiologie und Hygiene der Universität Regensburg arbeitet an einen innovativen Ansatz, der die aufwendigen Neutralisationstests nicht nur beschleunigen, sondern auch optimieren könnte. Das bisher verwendete arbeits- und kostenintensive Färbeverfahren soll dabei durch ein neues Assay-Konzept ersetzt werden, das mit intrinsischen biologischen Verstärkungsmechanismen arbeitet. Auf diese Weise lässt sich eine sehr niederschwellige virale Beeinflussung der Zell-Physiologie in Echtzeit – statt als Momentaufnahme – nachweisen. Durch einen automatisierten, elektrischen Readout ist der Assay problemlos auf hohe Durchsätze skalierbar.
Bis der neue Assay einsatzbereit ist, wird es indes noch dauern. Die bisherigen Ergebnisse zeigen zunächst, dass das Konzept stimmig ist und funktioniert. In den kommenden Wochen sind die ersten Probedurchläufe realer Neutralisationstests geplant. Die Forscher hoffen, dann mit ihrem neuen Assay-Ansatz einen wichtigen Beitrag leisten zu können, um die Impfstoffentwicklung zu beschleunigen und zu optimieren. "Wenn unser Ansatz bei SARS-CoV2 funktioniert, lässt sich das Prinzip mit wenig Aufwand auch auf andere Viren übertragen", so Wegener. "Denn nach der Pandemie ist vor der Pandemie. Wir müssen leider auch in der Zukunft mit ähnlichen Szenarien rechnen."
MEDICA.de; Quelle: Universität Regensburg