Im Human Brain Project arbeiten Wissenschaftler aus 131 Partnerinstitutionen in Europa zusammen. In der nun beginnenden letzten Förderphase konzentriert sich das Projekt darauf, die Forschungsinfrastruktur EBRAINS noch leistungsfähiger und attraktiver zu gestalten. Im Fokus der wissenschaftlichen Aktivitäten stehen Netzwerke, die über die verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen hinweg untersucht werden, ihre Bedeutung für das Bewusstsein und Bewusstseinsstörungen, sowie die Entwicklung künstlicher neuronaler Netzwerke und der Neurorobotik. Diese wissenschaftlichen Themen werden Hand in Hand mit der Forschungsinfrastruktur EBRAINS entwickelt. Für neurowissenschaftliche Fragen profitieren Forscher zunehmend von den vielfältigen Methoden, die bei EBRAINS nahtlos ineinandergreifen.
EBRAINS stellt Forschern schon heute ein breites Spektrum ausgereifter Dienstleistungen, Ressourcen und Technologien bereit. Über ein Webportal erhalten Wissenschaftler Zugriff auf die bisher umfassendste Datenbasis zum menschlichen Gehirn, sowie direkt darauf aufsetzende leistungsstarke, digitale Werkzeuge, etwa für Simulation oder KI-basierte Analysemethoden. Auch extrem hochauflösende 3D-Hirnatlanten, speziell für Neurowissenschaftler entwickelte Supercomputing-Verfahren und vom Gehirn inspirierte, "neuromorphe" Computer gehören zu den Angeboten.
Die Wissenschaftslandschaft rund um Neurowissenschaften, Computing und Technologie soll sich dadurch nachhaltig verändern.
Die enge Zusammenarbeit zwischen diesen Feldern ist kennzeichnend für das HBP seit seinem Start vor sieben Jahren, mit Teilprojekten aus verschiedenen Bereichen der Hirnforschung und Informationstechnologie.
Zugleich zeigen sich mehr und mehr Anwendungen, die nur mit den auf EBRAINS gebündelten Forschungstechnologien möglich sind. In klinischen Tests befindet sich etwa ein Verfahren der personalisierten Modellierung von Patientengehirnen, und in 30 Europäische Kliniken ist inzwischen die EBRAINS "Medical Informatics Plattform" installiert. Diese ermöglicht es, Daten von Patienten für große Analysen zu nutzen, ohne dass diese hochsensiblen Informationen das Krankenhaus verlassen müssen. Das sei besonders vielversprechend für die Untersuchung von seltenen Erkrankungen, aber auch im Zusammenhang mit Forschung an Covid-19, sagt Katrin Amunts. Auch die Entwicklung innovativer neuromorpher Computern profitiert von der engen Interaktion mit den Neurowissenschaftler und bietet großes Potenzial für die Industrie.
"EBRAINS zielt darauf ab, Europas Platz auf dem weltweit dynamisch wachsenden Gebiet der multidisziplinären Hirnforschung mit starken Auswirkungen auf KI, Neurorobotik und Medizin zu sichern", sagt Świeboda. So beteiligen sich etwa in Deutschland weltweit führende Gruppen aus Bereichen wie der Kartierung des menschlichen Gehirns, neuromorphem Computing, oder rechenintensiver Simulation auf Supercomputern. Frankreich trägt zum Projekt seine besonderen Kompetenzen für personalisierte Gehirn-Modelle von Patienten und Hirnbildgebung bei, Belgien Expertise für die klinischen Neurowissenschaften, Norwegen und Griechenland für das Datenmanagement, die Schweiz für die Simulation von Nervenzellen, und die Niederlande für die Verbindung von Neurotechnologie und Kognitionswissenschaft. "All diese Gruppen kooperieren durch das HBP und EBRAINS miteinander, und schaffen gemeinsam Dinge, die allein undenkbar gewesen wären", sagt Świeboda.
MEDICA.de; Quelle: Forschungszentrum Jülich