Erste international prominent publizierte Daten zeigen, dass sich dadurch die Leistung des Gehirns verbessern lässt. Wien hat damit in einem wichtigen Krankheitssektor eine internationale Führungsposition übernommen.
Die neue Methode nennt sich transkranielle Pulsstimulation mit Ultraschall (TPS) und wurde gemeinsam mit dem Schweizer Unternehmenspartner Storz Medical und dem dortigen Projektleiter Ernst Marlinghaus neu entwickelt. "Die TPS macht es weltweit erstmalig möglich, mit einem Ultraschall-Puls direkt am Schädelknochen, nicht-invasiv, schmerzfrei und bei vollem Bewusstsein in alle Bereiche des Gehirns vorzudringen und dort ganz gezielt Hirn-Areale anzusteuern und diese zu aktivieren", erklärt Beisteiner. Die Studie war Teil des interuniversitären Clusters von Roland Beisteiner und Tecumseh Fitch, welcher über Hirnstimulation versucht, geistige Funktionen von Patienten zu verbessern, und gemeinsam von MedUni Wien und Universität Wien betrieben wird. Hierfür muss individuell und mit hoher Präzision vorgegangen werden.
Mit den bisher zur Verfügung stehenden elektromagnetischen Methoden, wie z.B. der transkraniellen Magnetstimulation (TMS), bei der Magnetfelder auf das Gehirn wirken, um Nervenzellen zu aktivieren oder auch zu hemmen, war die notwendige gezielte und tiefgehende Stimulation aber nicht möglich. Eine zunehmend verwendete invasive Methode bei schwereren Erkrankungen ist das Einsetzen von Stimulationselektroden in tiefe Hirnareale (Deep Brain Stimulation (DBS)) – verbunden mit einer langwierigen Operation. Eine große Hoffnung ist, dass TPS auch invasive Verfahren in Zukunft teilweise ersetzen kann.
Der Aktivierungspuls, der vom Ultraschallgerät ausgeht, ist drei bis fünf Millimeter breit und ca. drei Zentimeter lang. Zuvor wird vom Gehirn der/des Betroffenen mittels Magnetresonanz eine exakte "Landkarte" erstellt. "Ganz im Sinn der Präzisionsmedizin wird dann jenes Areal punktgenau anvisiert, das aktiviert werden muss. Bei jedem Patienten können diese Areale anders liegen. Dank eines Navigationssystems kann der behandelnde Neurologe am Bildschirm genau mitverfolgen, wo der Puls ansetzen muss und alles genau steuern", sagt Beisteiner.
Der TPS Puls führt zu kurzfristigen Membranveränderungen an den Hirnzellen, wodurch die Konzentration von Transmittern und anderen biochemischen Stoffen lokal verändert wird. Die Konsequenz ist eine Aktivierung von Nervenzellen und Aufbau kompensatorischer Netzwerke, welche die erkrankte Hirnfunktion verbessern. Dies konnte in umfangreichen Laborstudien gezeigt werden. Die Folge: Das Gedächtnisnetzwerk wird angetrieben und die Gedächtnisleistung steigt. Einige Patienten berichten auch von deutlicher Stimmungsverbesserung, es fällt ihnen wieder leichter, körperlich aktiv zu sein und sich an Unterhaltungen aktiv zu beteiligen.
Beisteiner: "Es ist, als ob man einen alten Motor wieder anwirft. Jene Nervenzellen, die noch aktivierbar sind, zeigen danach deutliche Verbesserungen. Dadurch wird der Leistungsabfall gebremst." Neben Alzheimer, Parkinson oder Multipler Sklerose sind alle Erkrankungen, welche sich durch Aktivierung noch funktionierender Nervenzellen verbessern lassen, mögliche Einsatzbereiche von TPS. Gleichzeitig ist die TPS eine "Zusatzchance" für die Betroffenen, so Beisteiner, da alle laufenden Therapien mit Medikamenten und Physio- oder Ergotherapie weitergeführt werden können. Die neue Methode ist aber auch für die neurowissenschaftliche Grundlagenforschung bedeutsam.
MEDICA.de; Quelle: Medizinische Universität Wien