Im Projekt erforschen die Wissenschaftler aus Ulm die biomechanischen Eigenschaften dieser neuartigen Material-Zell-Kombinationen. "Lässt sich mit den neuen Materialverbindungen die Stabilität der Bandscheibe wiederherstellen? Wie kommt die therapierte Zwischenwirbelscheibe mit Langzeitbelastungen zurecht, wie reagiert sie bei hoher komplexer Beanspruchung?", erläutert Prof. Hans-Joachim Wilke einige Fragen des Ulmer Projektanteils. Der Wissenschaftler forscht am Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik zu den Grundfunktionen und Belastungsgrenzen der Wirbelsäule. Um die Funktionsweise und Belastungsgrenze der Wirbelsäule und ihrer Bestandteile systematisch und hochpräzise zu untersuchen, hat Wilke bereits vor 25 Jahren einen Wirbelsäulenbelastungssimulator entwickelt. Dessen Dienste sind international sehr gefragt, zählt das Gerät doch noch immer zu den führenden weltweit. Aktuell arbeiten die Ulmer Forscher an der Entwicklung einer mobilen Variante, die vor Ort in den iPSpine-Partnerlaboren eingesetzt werden kann und sich besser transportieren lässt. Denn das Untersuchungsmaterial – dazu gehört sowohl natürliches und "künstliches" Bandscheibengewebe – ist hochempfindlich.
In einem zweiten Projektteil entwickelt die Firma SpineServ, eine Ausgründung aus der Arbeitsgruppe von Wilke, eine spezielle Software, um bandscheibenbezogene De- und Regenerationsprozesse besser messen zu können. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz wird über einen bestimmten Zeitraum der Degenerationsgrad bestimmt. Über die Quantifizierung des Materialverlustes soll im Umkehrschluss ein Messverfahren entwickelt werden, mit dem es in Zukunft möglich sein wird, auch die Regeneration von Bandscheibengewebe zu erfassen und dabei geringste Effekte sichtbar zu machen.
Und was genau sind das für Materialkombinationen, die im Rahmen des europäischen iPSpine-Konsortiums beforscht und getestet werden? "Für die Entwicklung innovativer Therapieansätze zur Regeneration von Bandscheiben werden Induzierte Pluripotente Stammzellen (iPS) mit neuartigen Biomaterialien kombiniert, die eine gesunde Bandscheibenumgebung schaffen", informiert iPSpine-Koordinatorin Marianna Tryfonidou, Professorin für Regenerative Orthopädie an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Utrecht. Diese sollen das Wachstum transplantierter Bandscheiben-Vorläuferzellen fördern und die Verjüngung der geschädigten Bandscheibe unterstützen. Das wissenschaftliche Spektrum reicht dabei von der Grundlagenforschung über die präklinische Erprobung bis hin zum therapeutischen Einsatz in der Klinik.
MEDICA.de; Quelle: Universität Ulm