Faseroptische Endoskopie ermöglicht temperaturbasierten Tumordetektion
Dr. Viacheslav Artyushenko von art photonics skizzierte in seinem Beitrag “Innovative fiber solutions to enhance cancer diagnostics“ ein optisches Verfahren zur intraoperativen Tumorgrenzbestimmung. Er erläuterte die Relevanz: „Für die präzise Tumorentfernung muss der Operationsrand eines Tumors bekannt sein.“ art photonics entwickelt zu diesem Zweck polykrystalline Infrarotfasern. Diese können als flexible Sonden in Endoskopen dienen und zeigen Temperaturunterschiede zwischen Tumor- und gesundem Gewebe an. Eine klinische Studie in Tel Aviv konnte mit einem ähnlichen Verfahren Spektren von Melanomen sowie Basal- und Plattenepithelkarzinomen unterscheiden. Mit dem Fiber Optic Molecular Sensor (FOMS), ebenfalls in der Entwicklung bei art photonics, lassen sich bisher in vitro verschiedene Biomarker in Tumorgewebe, wie Glukose und Wasser, nachweisen. art photonics arbeitet ebenfalls daran, das Spektrometer durch günstige NIR-LED-Sensoren zu ersetzen. Diese könnten beispielsweise in Telechirurgie-Anwendungen integriert werden.
Multiplex-Biomarker-Diagnostik unter der Lupe
Anke Schütz-Trilling von Surfix präsentierte in “Pioneering photonic solutions for revolutionizing early diagnostics” eine Point-of-Care-Plattform für die schnelle Multiplex-Diagnostik mehrerer Biomarker. Das Benchtop-Gerät von Surfix erreicht Laborpräzision für bis zu fünf Biomarker in nur 15 Minuten. „Diese Sensitivität wird neue Marktsegmente für Point of Care Technologien erschließen“, sagte Schütz-Trilling. Die selektive Chipbeschichtung von Surfix ermöglicht die Detektion von im Blut zirkulierenden Proteinen und Metaboliten in niedrigen Konzentrationen. Surfix wirkt im PHOBICCS-Projekt mit an der Entwicklung eines photonischen Biosensors für die verbesserte Früherkennung von Darmadenomen. Im YOLOFITIS-Projekt arbeitet das Unternehmen an einem Cortisol-Messsystem. Dieses dient der Überwachung der Nebenniereninsuffizienz (Morbus Addison), die auch als Nebenwirkung von Krebsimmuntherapien auftreten kann. Schütz-Trilling fasste zusammen: „Proteine und Metaboliten zeigen, was tatsächlich im Körper vorgeht.“
Quantenmikroskopie in der Krebsdiagnostik: Schärfer sehen mit Zwillingsphotonen
Dr. Valerio Gili vom Fraunhofer IOF erläuterte in “Quantum microscopy for cancer diagnosis” Potenziale der Quantenmikroskopie für die Onkologie. Er erklärte, dass Quanteneffekte in der Bildgebung die Auflösung erhöhen, das Signal-Rausch-Verhältnis verbessern, Bildgebung im nahen Infrarotbereich ermöglichen und auch bei schlechter Beleuchtung anwendbar sind. Das Fraunhofer IOF erforscht derzeit ein Verfahren der nichtlinearen Interferometrie mit Zwillingsphotonen. Dies erlaubt die Bildgebung von Objekten, mit denen Photonen nie direkt interagiert haben. Das Institut will den derzeitigen experimentellen Aufbau zu einem tragbaren System weiterentwickeln und verfolgt das langfristige Ziel integrierter Quantenbildgebungssysteme. Gili betonte: „Quantenphotonik kann einen Mehrwert für die Krebsdiagnostik bieten.“
Vaskularisierte Organoide im Hightech-Format statt Tierversuche
Samantha Paoletti von CSEM konzentrierte sich in “Innovative technologies for personalized cancer care: Advancing detection and treatment” auf die Automatisierung und Standardisierung der Arbeit mit Tumor-Organoiden. Diese können als präklinisches Testsystem für Wirkstoffe dienen. Sie hob zu Beginn die hohen Kosten der Arzneimittelentwicklung hervor und erläuterte, dass Tiermodelle die Reaktionen vom menschlichen Organismus niemals akkurat abbilden können – ein Grund für das Scheitern zahlreicher Wirkstoffentwicklungen. „Tumor-Organoide könnten ein äußerst aussagekräftiges Instrument in der pharmazeutischen Forschung sein“, so Paoletti. CSEM hat eine Mikrotiterplatte entwickelt, die durch einen kontinuierlichen, gerichteten Medienfluss die Vaskularisierung von Organoiden stimuliert und damit patientenspezifische Modelle mit Immun- und Gefäßkomponenten ermöglicht. Diese Technologie soll die Aussagekraft von In-vitro-Tests verbessern und die Effizienz der Wirkstoffentwicklung steigern.
Im Anschluss an die sechs Vorträge fasste Dr. Jens Ebnet die Bedeutung dieser Einzelentwicklungen für die Krebsdiagnostik und -therapie zusammen: „Es geht darum, die Punkte zu verbinden und die Patientensicherheit sowie die Behandlung zu verbessern.“ Es zeigte sich, dass interdisziplinäre Ansätze in Mikrotechnologie, Photonik, Quantenphysik und Biotechnologie entscheidend sind, um Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen zu optimieren und so langfristig die Überlebensraten von Betroffenen zu steigern. Damit kommt es zentral auch auf die Kompetenz des Zulieferbereichs der Medizintechnikindustrie an – ein innovationsstarker Bereich, der sich wieder im Rahmen der COMPAMED 2025 mit seinen Entwicklungen präsentieren wird.
Informationen zur COMPAMED 2025 online: https://www.compamed.de.
Informationen zur MEDICA 2025 online: https://www.medica.de.
Autorenhinweis: Timo Roth (Redaktion COMPAMED.de)
[1] Quellen:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33538338/
https://www.iarc.who.int/news-events/latest-global-cancer-data-cancer-burden-rises-to-19-3-million-new-cases-and-10-0-million-cancer-deaths-in-2020/