Während konventionelle Röntgen-Bildgebung die Abschwächung des Röntgenlichts auf dem Weg durch das Gewebe zeigt, bestimmt die Dunkelfeld-Methode den kleinen Anteil des Röntgenlichts, der gestreut, also von seinem geraden Weg abgelenkt wird. Beim konventionellen Röntgen bleibt dieses gestreute Röntgenlicht unbeachtet.
Die neue Methode nutzt damit das physikalische Phänomen der Streuung auf ähnliche Weise wie die schon länger bekannte Dunkelfeldmikroskopie mit sichtbarem Licht. Diese macht es möglich, weitgehend transparente Objekte deutlich abzubilden, die dabei im Mikroskop als helle Strukturen vor einem dunklen Hintergrund erscheinen, was der Methode auch ihren Namen verleiht.
"Die Streuung ist beispielsweise an Grenzflächen zwischen Luft und Gewebe besonders stark", erklärt Pfeiffer. Dadurch ließen sich in einem Dunkelfeldbild der Lunge Bereiche mit intakten, also luftgefüllten, Lungenbläschen klar von Regionen unterscheiden, in denen die Lungenbläschen kollabiert oder mit Flüssigkeit gefüllt sind.
Bei einer Lungenentzündung, wie sie von Covid-19 verursacht wird, bilden sich in der Lunge Strukturen, die von der Form her zunächst an Watte oder Spinnweben erinnern und sich zunehmend in der Lunge ausbreiten und mit Flüssigkeit füllen. In Verbindung mit weiteren typischen Symptomen gelten sie als eindeutiges Zeichen für eine Covid-19-Erkrankung. Die Veränderungen in der Lunge gehen mit einer Schädigung der Lungenbläschen einher, die in den Dunkelfeld-Bildern deutlich erkennbar sein könnte.
Die Dunkelfeld-Bildgebung mit Röntgenlicht ist eine für die Medizin völlig neuartige Untersuchungsmethode, die Franz Pfeiffer mit seinem Team in über zehn Jahren von Grund auf entwickelt hat. Eine Untersuchung mit der Dunkelfeld-Technik wäre mit einer deutlich geringeren Strahlendosis verbunden als die heute verwendete Computertomografie. Denn sie erfordert nur eine einzelne Aufnahme pro Patientin oder Patient, während für die Computertomografie zahlreiche Einzelaufnahmen aus verschiedenen Richtungen erstellt werden müssen. In einem konventionellen zweidimensionalen Röntgenbild lassen sich die von Covid-19 verursachten Veränderungen hingegen nicht eindeutig erkennen.
Mit der nun vorliegenden Zustimmung des Bundesamtes für Strahlenschutz können die Tests in den kommenden Wochen beginnen. Dafür wollen die Forschenden Patientinnen und Patienten, die am Klinikum rechts der Isar mit Computertomografie auf Covid-19 untersucht werden, anbieten, sich auch mit dem Dunkelfeld-Verfahren untersuchen zu lassen.
So wollen sie bestätigen, dass sich die Erkrankung tatsächlich auf diese Weise zuverlässig diagnostizieren lässt. "Wir sind sehr zuversichtlich, da diese Methode auch schon sehr erfolgreich für andere Krankheiten erprobt wird, die mit Veränderungen der Lunge einhergehen," erklärt Prof. Marcus R. Makowski, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Klinikum rechts der Isar der TUM.
MEDICA.de; Quelle: Technische Universität München