Die Folgen sind ein erhöhtes Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt, häufige Tagesmüdigkeit und Sekundenschlaf. Die ständige Störung der Nachtruhe lässt außerdem die Stresshormone im Blut ansteigen. Dies erhöht den Blutzucker. "Viele Menschen mit Schlafapnoe haben einen Typ-2-Diabetes", berichtet Steffen.
Der HNO-Mediziner hat jetzt die Auswirkungen des Zungenschrittmachers – einer neueren Therapieform des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms – auf den Zuckerstoffwechsel untersucht. Den Patienten wird in einer etwa zweistündigen Operation im Brustbereich ein kleiner Schrittmacher unter die Haut implantiert. Die Chirurgen verbinden diesen über ein Kabel mit dem sogenannten Nervus hypoglossus, der die Bewegungen der Zunge kontrolliert. "Nach einer Eingewöhnungsphase ist die Behandlung für den Patienten einfach", erklärt Steffen. "Die Patienten schalten den Zungenschrittmacher abends vor dem Schlafengehen ein und morgens wieder aus."
Zungenschrittmacher werden in Deutschland bereits seit fünf Jahren an einigen Universitätskliniken implantiert. Sie kommen laut Dr. Steffen nur infrage, wenn eine Standardbehandlung mit einer Atemmaske erfolglos bleibt. Diese sogenannte CPAP-Beatmung erzeugt einen leichten Überdruck, der die Atemwege freihält. Bei den meisten Patienten verbessert sich der Schlaf, bei einigen kommt es weiterhin zu den nächtlichen Atemaussetzern. Ob diese Patienten für einen Zungenschrittmacher infrage kommen, prüfen HNO-Experten mit einer Schlafendoskopie. Dabei beobachten die Ärzte die Bewegungen von Zunge und Rachen beim Schnarchen.
Seit 2014 haben in Deutschland mehrere hundert Patienten einen Zungenschrittmacher erhalten. Am Campus Lübeck hat Dr. Steffen 125 Implantationen durchgeführt. Zwanzig dieser Patienten hat er gemeinsam mit Kollegen nach der Operation über ein Jahr lang begleitet. Dabei wurden nicht nur die Auswirkungen auf den Schlaf untersucht. Die Ärzte befragten die Patienten und führten nach zwölf Monaten einen Blutzuckerbelastungstest durch. Dabei wird der Anstieg des Blutzuckers nach dem Trinken einer Zuckerlösung bestimmt. Ein zu starker Anstieg weist auf einen bevorstehenden Typ-2-Diabetes hin, an dem viele Menschen mit Schlafapnoe leiden. Wie Dr. Steffen kürzlich im Journal of Sleep Research berichtete, hatten sich die Werte im Zuckerbelastungstest der Patienten nach der Implantation des Zungenschrittmachers gebessert. Die Laboruntersuchungen zeigten, dass die Patienten weniger Insulin benötigten, um den Blutzucker im Körper zu verteilen. Ein Rückgang der Hormonwirkung, Insulinresistenz genannt, ist die Ursache für den erhöhten Blutzucker. "Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Zungenschrittmacher die Patienten vor einem Typ-2-Diabetes schützen kann", erläutert Steffen.
MEDICA.de; Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.