Um Schlaganfälle noch schneller behandeln zu können, hat sich ein Team um Prof. Heinrich Audebert vom Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und der Klinik für Neurologie und Experimentelle Neurologie der Charité deshalb vor mehr als 10 Jahren zum Ziel gesetzt, die nötige Diagnostik und Therapie zu den Patienten zu bringen anstatt andersherum. Mit Erfolg: Ein zusammen mit der Berliner Feuerwehr und der MEYTEC GmbH entwickeltes Spezial-Rettungsfahrzeug, das STEMO, ging im Februar 2011 in Berlin in Betrieb. Jahre der Evaluierung zeigten anschließend, dass die Schlaganfallbehandlung im STEMO sicher ist und tatsächlich deutlich früher begonnen werden kann. Mittlerweile sind in einer Kooperation zwischen Charité, der Vivantes - Netzwerk für Gesundheit GmbH und dem Unfallkrankenhaus Berlin drei STEMO der Berliner Feuerwehr im Einsatz, die die Einsatzfläche Berlins weitgehend abdecken. Die jetzt veröffentlichte, groß angelegte Studie B_PROUD zeigt, dass der Einsatz der STEMO für die betroffenen Patienten mit einem besseren Behandlungsergebnis verbunden ist.
"In unserer Studie konnten wir belegen, dass Schlaganfall-Betroffene, zu deren Rettung das STEMO losgeschickt wurde, häufiger überlebten und seltener eine Behinderung davontrugen", sagt Prof. Audebert. "Bei ihnen war – im Vergleich zu den im normalen Rettungsdienst behandelten Patienten – das relative Risiko, nach drei Monaten durch schwerere Behinderungen eingeschränkt zu sein, um 29 Prozent geringer. Wird ein STEMO eingesetzt, können also deutlich mehr Betroffene ihr Leben selbstbestimmt weiterführen."
Für die Studie untersuchte das Team um Projektleiter Prof. Audebert und den Erstautor Prof. Martin Ebinger, Ärztlicher Direktor der Medical Park Humboldtmühle, Schlaganfall-Notfälle, die sich zwischen Februar 2017 und Mai 2019 in Berlin ereigneten und auf ein Blutgerinnsel zurückzuführen waren. Ob ein STEMO bei einem Notruf zum Patienten geschickt wurde, entschied dabei quasi der Zufall: War im Einsatzgebiet ein STEMO verfügbar, wurde es zusätzlich zum Rettungsdienst alarmiert und ermöglichte eine Behandlung vor Ort. Die STEMO-Entsendung erfolgte bei 749 der insgesamt 1.543 Patienten, deren Daten in der Studie ausgewertet wurden (49 Prozent). War zum Zeitpunkt des Notrufs kein STEMO abkömmlich, schickte die Einsatzzentrale ausschließlich den konventionellen Rettungsdienst, der die betroffene Person in ein spezialisiertes Krankenhaus brachte. Das war bei 794 Patienten (51 Prozent) der Fall. Drei Monate nach dem Notfall untersuchte die Forschungsgruppe in einem standardisierten Verfahren, ob und mit welchen neurologischen Einschränkungen die Betroffenen überlebt hatten.
Der Vergleich der STEMO- und der Kontrollgruppe lieferte ein eindeutiges Ergebnis: In der STEMO-Gruppe erhielten mehr Patienten eine Lyse-Therapie (60 statt 48 Prozent), diese Behandlung wurde zudem durchschnittlich 20 Minuten früher verabreicht. Rückte ein STEMO aus, verstarben rund 7 Prozent der Patienten, bei konventioneller Rettungsdienstversorgung waren es rund 9 Prozent. Gleichzeitig berichteten in der STEMO-Gruppe rund 51 Prozent der Patienten, von ihrem Schlaganfall keine Alltagseinschränkungen davongetragen zu haben. In der Kontrollgruppe waren dies nur rund 42 Prozent. Auch bei der Erhebung der Lebensqualität schnitt die STEMO-Gruppe signifikant besser ab.
MEDICA.de; Quelle: Charité – Universitätsmedizin Berlin