Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) untersucht das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) derzeit, ob ein Test von Neugeborenen in Deutschland auf die 5q-assoziierte spinale Muskelatrophie (SMA) in Kombination mit einer früheren Diagnose und Behandlung sinnvoll wäre.
Nach vorläufiger Auswertung der Studienlage sieht das Institut einen Anhaltspunkt für einen Nutzen des Neugeborenenscreenings im Vergleich zu keinem Screening: Je früher die Diagnose gestellt wird und die Therapie nach Auftreten der ersten Symptome startet, desto stärker können Kinder mit frühem Krankheitsbeginn (infantile SMA) davon profitieren.
Untersuchung über Vorteile von Screening für Kinder mit infantiler SMA in Form von besserer motorischer Entwicklung und einem späteren Eintritt von Dauerbeatmung oder Tod.
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Mangels Interventionsstudien zur Screeningkette zogen die Wissenschaftler zum einen Daten einer Therapiestudie heran, die den Vergleich eines früheren mit einem späteren Therapiebeginn ermöglichen. Zum anderen ließen sich Studien zur diagnostischen Güte auswerten, deren Ergebnisse sie sozusagen als Bausteine der Screeningkette zusammenführten (Linked-Evidence-Ansatz). Die 5q-assoziierte spinale Muskelatrophie (SMA) ist eine erbliche Erkrankung, die zum fortschreitenden Absterben von motorischen Nervenzellen (Motoneuronen) im Rückenmark und damit zu Muskelschwund und -schwäche führt. Die verschiedenen Gendefekte werden unabhängig vom Geschlecht rezessiv vererbt und kommen meist nur zur vollen Ausprägung, wenn die Chromosomen beider Elternteile betroffen sind.
Mit etwa einer Neuerkrankung pro 10.000 Säuglingen ist die infantile SMA sehr selten, aber in ihrer Ausprägung drastisch: Durch die Muskelschwäche werden die motorische Entwicklung, etwa freies Sitzen und Gehen, sowie die Lungenfunktion beeinträchtigt bis unmöglich. Die zunehmenden Symptome führen bei der infantilen SMA unbehandelt letztlich zur Dauerbeatmung und zum Tod. Bei den ebenfalls seltenen Formen mit späterem Krankheitsbeginn ist der Verlauf meist milder und weniger vorhersagbar.
Ziel eines Neugeborenenscreenings auf 5q-assoziierte SMA ist die frühere Identifikation und Behandlung von betroffenen Kindern, insbesondere solchen mit früh einsetzenden Symptomen. Durch das Vorverlegen der Diagnose und damit auch der Therapie sollen die motorische Entwicklung der Kinder und der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden. Eine SMA lässt sich präsymptomatisch über eine Blutprobe feststellen. Derzeit gehört die SMA nicht zu den Zielerkrankungen des in Deutschland nach der Kinder-Richtlinie des G-BA durchgeführten Neugeborenenscreenings.
In den beiden Studien zur diagnostischen Güte wurden allein die positiven Testergebnisse überprüft. Unklar bleibt daher, wie viele erkrankte Kinder nicht gefunden werden. Insgesamt deuten die Ergebnisse der vorliegenden Studien zur diagnostischen Güte dennoch darauf hin, dass die untersuchten Testverfahren für ein Screening bei Neugeborenen auf 5q-assoziierte SMA geeignet sind.
MEDICA.de; Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)