Sensoren: hochempfindliche Messung von Herz- und Hirnströmen
Sensoren: hochempfindliche Messung von Herz- und Hirnströmen
24/09/2019
Wie das menschliche Gehirn oder das Herz arbeitet, zeigen ihre elektrischen Signale, die zum Beispiel über ein EKG gemessen werden. Aber auch magnetische Signale verraten etwas über die Aktivität dieser Organe. Sie könnten sich mit wenig Aufwand ohne Hautkontakt messen lassen. Für die besonders schwachen Signale braucht es jedoch hochempfindliche Sensoren.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Sonderforschungsbereich 1261 "Magnetoelectric Sensors" der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) haben jetzt ein neues Sensorkonzept entwickelt, um in Zukunft diese niedrigen Frequenzen von Herz- und Hirnströmen zu messen. Die extrem kleinen, energieeffizienten Sensoren eignen sich besonders gut für medizinische Anwendungen oder mobile Mikroelektronik.
Beim Anlegen eines Magnetfelds schwingt der Biegebalken (grau) aus. Ein permanent elektrisch aufgeladener Elektret (blau) zieht den Balken an. So vergrößert sich seine Schwingung und damit das elektrische Signal des Sensors.
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Möglich wird das durch die Verwendung von sogenannten Elektreten. Dieses Material ist permanent elektrisch aufgeladen und kommt auch in Mikrofonen für Hörgeräte oder Mobiltelefone zum Einsatz.
Im gemeinsamen Forschungsprojekt von Professor Rainer Adelung, Arbeitsgruppe Funktionale Nanomaterialien und Prof. Franz Faupel, Arbeitsgruppe für Materialverbunde, dreht sich alles um sogenannte Biegebalken-Sensoren. Sie bestehen aus einem dünnen Silizium-Streifen, auf dem zwei Schichten aufgebracht sind: Die erste reagiert auf Magnetfelder, die zweite kann eine elektrische Spannung abgeben. "Tritt ein Magnetfeld auf, verformt sich die erste Schicht und verbiegt damit den ganzen Balken: Er schwingt, ähnlich wie ein Sprungbrett im Schwimmbad", erklärt SFB-Mitglied Faupel das Grundprinzip. Die zweite Schicht gibt durch ihre Verformung ein messbares Spannungssignal ab.
"Mit unserem neuen Sensorkonzept wollten wir diese Umwandlung von mechanische in elektrische Energie noch effektiver gestalten, indem wir dem Biegebalken mehr Schwung verleihen", erklärt Doktorandin Marleen Schweichel. Je stärker der Balken schwingt, desto stärker das ausgesendete elektrische Signal.
Normalerweise schwingen sogenannte weiche Materialien wie Kunststoffe mit niedriger Frequenz. Die Schwingung ist also stark gedämpft und das ausgesendete Signal nur sehr gering. Mit harten Materialien lässt sich so eine starke Dämpfung vermeiden. Hierfür wird aber eine größere Materialmasse benötigt, die sich in den kleinen Dimensionen der Sensortechnik kaum einbauen lässt. "Mit unserem Ansatz konnten wir einen kleinen Biegebalken aus hartem Material dazu bringen, sich wie ein weiches Material zu verhalten und bei niedrigen Frequenzen zu schwingen – und das sogar noch mit größerer Amplitude", fasst Adelung die Besonderheit ihrer Entdeckung zusammen.
Entscheidend war hierfür der sogenannte Elektret. Dieses permanent elektrisch aufgeladene Material brachte das Forschungsteam unter dem Biegebalken an. Normalerweise drängt der in Schwingung gebrachte Balken zurück in seine Ausgangsposition. Der Elektret zieht ihn durch seine Eigenspannung jedoch in die Gegenrichtung und vergrößert damit die Schwingung des Balkens – und damit das elektrische Signal des Sensors.
Um dieses Signal möglichst exakt auslesen zu können, integrierte das Forschungsteam in sein alternatives Sensorkonzept außerdem einen neuen Ansatz zur Rauschunterdrückung. Mit einer extrem schnellen Messung lassen sich gewissermaßen die einzelnen Signale zwischen dem Rauschen erfassen, so Erstautorin Mona Mintken.
Dank der in den Sensoren verwendeten Elektrete lassen sich nicht nur niedrige Frequenzen besser messen. Ähnlich wie Permanentmagnete, die ohne Stromversorgung dauerhaft magnetisch sind, erzeugen auch Elektrete ihr permanentes elektrisches Feld selbst. "Der Elektret verleiht dem Sensor damit ein eingebautes elektrisches Potential. Der Sensor selbst benötigt somit keine externe Stromversorgung und kann für mobile Anwendungen eingesetzt werden", erklärt Doktorand Stefan Schröder.
MEDICA.de; Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel