Kurzwelligere Photonen, zum Beispiel Röntgenstrahlen, werden mit Synchrotrons produziert. Hier zeigt sich der Vorteil der seit Jahrzehnten etablierten Forschungsinfrastruktur in Deutschland und mit deutscher Beteiligung: Synchrotron-Lichtquellen wie PETRA III und FLASH am Deutschen Elektronensynchrotron (DESY) in Hamburg, BESSY II am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), European XFEL bei Hamburg oder ESRF in Grenoble, Frankreich, sind solche Großforschungsanlagen. Sie gestatten es, das Virus mit atomarer Genauigkeit abzubilden.
"Das Besondere an diesen Großforschungsanlagen ist, dass dort eine große Gemeinde von Nutzern ihre drängenden Fragestellungen bearbeiten kann. Die Bereitstellung von modernsten Messmethoden macht Synchrotrons außerordentlich attraktiv, gerade auch für die Corona-Forschung.", sagt Prof. Jan-Dierk Grunwaldt (KIT), Vorsitzender des Komitees Forschung mit Synchrotronstrahlung (KFS).
Das Herzstück eines Synchrotrons ist ein Teilchenbeschleuniger. Dieser beschleunigt Elektronen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit. Spezielle Magnete lenken die Elektronen von ihrer Flugbahn im Synchrotron ab; beim Bremsen verlieren sie Energie in Form von Licht. Diese Photonen, die einen weiten Bereich von Infrarot bis Röntgen abdecken, werden dann genutzt, um chemische Prozesse, Zellen und Moleküle, aber auch zum Beispiel die Ausbreitung von Aerosolpartikeln oder das Ausmaß der Schädigung des Lungengewebes von COVID-Patienten zu untersuchen.
Gleich nachdem Anfang 2020 das Genom des neuartigen Coronavirus SARS-CoV2 bekannt wurde, starteten die ersten Forschungsvorhaben an Synchtrotronlichtquellen mit deutscher Beteiligung. Dies war möglich durch ein "Fast-Track-Verfahren": Während die begehrte Synchrotron-Messzeit normalerweise mehrere Monate im Voraus beantragt werden muss, haben die Synchrotrons ein Schnellverfahren für Coronaforschung eingerichtet und den Betrieb für diese Projekte sogar während des Lockdowns aufrechterhalten.
"Dass diese Projekte machbar waren, ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer konsequenten und langfristigen Forschungsförderung. Dass wir in Deutschland diese Forschungsinfrastruktur hatten, war ein großes Glück für die Bekämpfung der Pandemie. Gute Forschung dauert einfach länger als eine Legislaturperiode", sagt Dr. Andrea Thorn (Uni Hamburg), Leiterin der Coronavirus Structural Task Force und Mitglied des Komitees Forschung mit Synchrotronstrahlung (KFS).
MEDICA.de; Quelle: Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH