Seit über 10 Jahren wird die Neuro-Musiktherapie bei Tinnitus angeboten. Dieses Konzept erreicht bei rund 75 Prozent der bislang rund 1.000 behandelten Patienten eine bis zu 5 Jahre nach Ende der Therapie stabile und klinisch relevante Reduktion der Tinnitussymptomatik. Bei rund 25 Prozent ist keine Verbesserung erreicht worden – eine mögliche Ursache könnte eine unbehandelte Schwerhörigkeit sein.
Analysen haben gezeigt, dass derzeit lediglich rund 15 Prozent der Patienten mit einem Hörgerät versorgt sind, obwohl bei rund zwei Dritteln aller Tinnitusbetroffenen eine Schwerhörigkeit vorliegt.
Hörgeräte verdreifachen den Therapieerfolg der Heidelberger Neuro-Musiktherapie
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Ein Grundsatz der Neuro-Musiktherapie ist die Ausrichtung der musiktherapeutischen Übungen an der Tonhöhe des jeweiligen Tinnitusgeräuschs. Wenn die Töne durch eine Schwerhörigkeit aber nicht gut gehört werden können, leidet vermutlich der Therapieerfolg darunter. In einer aktuellen Studie wurde untersucht, welchen Einfluss das Hörvermögen allgemein und insbesondere Hörgeräte auf den Effekt der Musiktherapie haben. Erwartet wurde, dass bei bestehender Schwerhörigkeit der Einsatz von Hörgeräten einen substantiellen Zuwachs an Hörfähigkeit ermöglicht und damit die Therapieaussichten deutlich verbessert sind.
Die Daten von 120 Patienten, die an einer Musiktherapie teilgenommen hatten und an chronisch-tonalem Tinnitus litten, gingen in die Auswertung ein. Dabei wurden drei Gruppen mit jeweils 40 Probanden verglichen: Patienten in Gruppe A wiesen eine ausgeprägte Hörminderung auf, die jedoch durch ein Hörgerät ausgeglichen wurde, Patienten in Gruppe B waren schwerhörig, hatten jedoch kein Hörgerät und Patienten in Gruppe C hatten keine Hörminderung. Die drei Gruppen waren hinsichtlich Tinnitusbelastung vor Beginn der Musiktherapie, Alter, Geschlechterverteilung und (sofern eine Hörminderung vorlag) Hörvermögen vergleichbar. Als Zielwert wurde die Tinnitusbelastung nach der Neuro-Musiktherapie erhoben (Tinnitus-Fragebogen).
Insgesamt konnte bei allen Patienten eine signifikante Verbesserung der TF-Werte beobachtet werden. Allerdings gab es gravierende Unterschiede zwischen den Gruppen: Während sowohl in Gruppe A (Hörverlust, mit Hörgerät) als auch Gruppe C (normalhörend) etwa 80 Prozent der Patienten eine klinisch relevante Verringerung des Tinnitus erreichte, lag dieser Wert in der Gruppe B (Hörverlust ohne Hörgerät) bei nur rund 33 Prozent. Dies entspricht einem Chancenverhältnis von rund 1 zu 3, das heißt Patienten mit Hörminderung, die sich vor einer Musiktherapie für ein Hörgerät entscheiden, haben eine dreifach höhere Aussicht auf Therapieerfolg. Insgesamt spricht dies eindeutig dafür, dass zunächst eine Hörgeräteversorgung angestrebt werden sollte und eine Neuro-Musiktherapie erst im Anschluss daran erfolgen sollte.
MEDICA.de; Quelle: Deutsches Zentrum für Musiktherapieforschung (Viktor Dulger Institut) DZM e.V.