Preloaded DMEK RAPID wurde am KHERI-Forschungsinstitut der Augenklinik Sulzbach am Knappschaftsklinikum Saar unter Leitung von Chefarzt Prof. Dr. Peter Szurman in Zusammenarbeit mit dem Medizintechnikunternehmen Geuder und der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) entwickelt. Die Spenderhornhaut, realisiert von Koordinatoren der DGFG an 30 Standorten in ganz Deutschland, wird in der Knappschaftsgewebebank Sulzbach und in der Gewebebank der DGFG in Hannover mit eigens entwickelter, besonders gewebeschonender Technik präpariert.
Die Genehmigung des Paul-Ehrlich Instituts (PEI) liegt der DGFG bereits vor. Das vorgeladene Transplantationssystem kann ab sofort über die gemeinnützige Gesellschaft bezogen werden. "Die regulatorische Zulassung war eine große Herausforderung", so Peter Szurman. "Denn hierfür gelten sowohl das Arzneimittel- als auch das Medizinproduktegesetz." In Italien und den Niederlanden sei der Zulassungsprozess ebenfalls weit fortgeschritten. Transplantationschirurgen können sich beim Sulzbacher DMEK-Intensivkurs für den Bezug des Systems schulen und zertifizieren lassen. Die Kombination aus einfacher Anwendung, geprüfter Qualität und Sicherheit soll die stärkere Verbreitung der DMEK-Transplantation ermöglichen, damit in Zukunft mehr Patienten von diesem fortschrittlichen Verfahren profitieren und ihre volle Sehkraft wiedererlangen können. So wie Andreas Umlauf, ein Patient aus dem Raum Stuttgart, der in Sulzbach kürzlich operiert wurde. "Der Eingriff selbst dauerte vielleicht zehn Minuten und war vollkommen schmerzfrei", erzählt er. Die Sehkraft kehrte innerhalb weniger Wochen wieder zurück. "Das Schlimmste an der ganzen Sache war die Wartezeit von der Diagnose bis zur OP", erinnert er sich. 13 Monate dauerte es, bis die passende Spenderhornhaut da war. Bei aller Innovation stellt die Verfügbarkeit des Spendergewebes den limitierenden Faktor dar.
An dieser Stelle ist das Engagement der Kliniken und der Bevölkerung selbst gefragt: Damit die DGFG Patienten mit Spenderhornhäuten versorgen kann, bedarf es mehr Meldungen potentieller Gewebespender. Der aktuelle Mangel sorgt oft für eine lange Zeit des Wartens und des Leidens der Patienten bis zur rettenden OP. Das muss nicht sein.
Früher war nur eine aufwändige Volltransplantation möglich. Doch in den letzten Jahren wurde diese weitgehend von deutlich schonenderen Teiltransplantationen abgelöst. Sogenannte lamelläre, nahtlose Techniken, bei denen nur eine hauchdünne Gewebelamelle verpflanzt wird, sind heute das Nonplusultra. Hier sind die Sehergebnisse besser, der Heilverlauf ist kürzer und die Abstoßungsrate geringer. Hier hat sich die DMEK (Deszemetmembran endotheliale Keratoplastik) innerhalb weniger Jahre zum Goldstandard in der Behandlung von endothelialen Hornhauterkrankungen etabliert (endothelial = die innere Zellschicht betreffend). Die DMEK ist für alle Patienten geeignet, die an einer Augenhornhauterkrankung mit Endothelversagen leiden.
Doch längst ist diese Methode noch nicht überall verfügbar. Das neue Sulzbacher System soll dies nun ändern: Erstmals in Europa wird eine vorgeladene Injektionskartusche zur direkten, berührungslosen Transplantation gebrauchsfertiger Lamellen zur Verfügung gestellt. Durch den hohen Standardisierungsgrad dieses "ready-to-use" Systems wird die Verbreitung dieser hochmodernen OP-Methode erleichtert.
Während die Technik der DMEK-Implantation von erfahrenen Transplantations-Chirurgen relativ rasch erlernt wird, liegt die größte Schwierigkeit in der Präparation der Hornhautlamelle. "Deshalb präparieren immer mehr Transplantationszentren nicht mehr selber im eigenen OP, sondern beziehen über die DGFG fertig vorpräparierte Lamellen (Precut LaMEK) aus spezialisierten Gewebebanken, um die Sicherheit und Qualität der Transplantate zu verbessern", erklärt Peter Szurman. "Der Vorteil: Der Operateur erhält ein qualitätskontrolliertes und gebrauchsfertiges Transplantat. Es ist keine weitere, zu Zellverlust führende Manipulation am Spendergewebe vor der Transplantation mehr nötig. Die gesamte Präparation wird unter standardisierten Bedingungen in unserer Reinraum-Gewebebank Sulzbach durchgeführt. Erst, wenn überprüft wurde, dass die Zellen auch nach der Präparation immer noch in einem guten Zustand sind, wird die Lamelle von der DGFG zur Transplantation abgegeben."
Die an der Augenklinik Sulzbach durchgeführte Zulassungsstudie zur LaMEK konnte zeigen, dass die Sicherheit bei Verwendung von solchen vorpräparierten Lamellen steigt. In Deutschland haben bisher mit Sulzbach und Hannover nur zwei Gewebebanken die Genehmigung durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) zur Herstellung und Inverkehrbringung von vorpräparierten Lamellen.
Das neue Sulzbacher Transplantationssystem Preloaded DMEK RAPID stellt nun den nächsten, konsequenten Entwicklungsschritt der LaMEK dar: Hier wird dem Operateur eine bereits vorpräparierte und gebrauchsfertig vorgeladene Lamelle in einem "ready-to-use" System ("DMEK-RAPID-Kartusche") bereitgestellt. Dieses am KHERI-Forschungsinstitut der Augenklinik Sulzbach in Kooperation mit der Geuder AG und der DGFG entwickelte, patentierte System hat zum Ziel, die DMEK-Operationen vorhersehbarer, einfacher, sicherer und schneller zu machen.
Dabei wird die DMEK-Lamelle mit einer speziell entwickelten Technik (Liquid Bubble) in der Gewebebank Sulzbach vorab präpariert, aber zusätzlich noch in ein spezielles Injektorsystem geladen (DMEK RAPID®). Die Lamellen kommen bereits in einer Injektorkartusche vorgeladen und gebrauchsfertig an, und ermöglichen dem Operateur eine direkte berührungslose Injektion des Transplantats. Es sind keine weiteren Manipulationsschritte mehr nötig. Die Lamelle wird in einem geschlossenen System angeliefert, was einen großen Qualitätsvorteil mit sich bringt.
Die Zulassungsstudie zur neuen preloaded DMEK RAPID (ebenfalls an der Augenklinik Sulzbach durchgeführt) konnte zeigen, dass der Transport und die Injektion mit diesem geschlossenen Transplantationssystem sicher sind.
Dr. Nicola Hofmann, wissenschaftliche Leiterin bei der DGFG, erwähnt noch einen weiteren Vorteil: "Weitere Studienergebnisse haben gezeigt, dass eine Ruhephase zwischen Präparation der Hornhautlamelle und Transplantation im OP sogar zu höherer Vitalität der Endothelzellen führt." Somit wäre das Vorpräparieren ebenso wie das Vorladen der Kartusche in der Gewebebank sogar ein weiterer Qualitätsvorteil, weil sich das Präparat in der Zeit bis zur OP etwas erholen kann.
Diese Innovation hat ein Vorbild: Zwar werden gebrauchsfertig vorgeladene Implantate, also zum Beispiel Kunstlinsen bei der Grauen Star Operation, schon lange in der Augenchirurgie verwendet, weil die Implantation aus einem geschlossenen System heraus eine gleichbleibende Qualität und Keimfreiheit sicherstellt. Gebrauchsfertig vorgeladenes menschliches Gewebe für die Transplantationschirurgie ist dagegen noch kaum bekannt, weil hier lebendes Gewebe mit einem künstlichen Injektorsystem kombiniert werden muss. Damit das vorgeladene Transplantat zwischen der Herstellung und Versand und der Ankunft in der Transplantationsklinik vital bleibt, muss es innerhalb des Injektorsystems kontinuierlich mit einem speziellen Nährmedium umspült werden. Dies ist der Clou des neuen Transplantationssystems. Die DMEK RAPID ist vermutlich das erste vorgeladene lamelläre menschliche Gewebe. Die LaMEK preloaded samt DMEK-RAPID-Injektorsystem kann über die Vermittlungsstelle der DGFG bestellt werden.
MEDICA.de; Quelle: Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation gGmbH (DGFG)