Wearables – kleine, am Körper oder in Körpernähe getragene Computersysteme – können Daten wie Puls, Körpertemperatur oder körperliche Aktivität präzise erfassen und in Kombination mit Applikationen (Apps) beispielsweise auf dem Smartphone bewerten. "Je mehr vom Laien selbst generierte gesundheitsrelevante Daten mit klinischen Daten verknüpft werden, desto besser kann ärztliches Personal individualisiert über die Therapie entscheiden", sagt Prof. Jonas.
Im Rahmen seiner Forschung interessiert er sich aktuell vor allem für Veränderungen und Verläufe körperlicher und geistiger Fähigkeiten, da diese Hinweise auf die Verfassung eines Patienten geben. "Ein Frühwarnsystem für Demenz wäre der ‘Goldene Gral“, soweit würde ich jedoch derzeit nicht gehen", konstatiert Prof. Jonas. "Aber verknüpft der Arzt beispielsweise das erfasste Bewegungsmuster mit den klinischen Daten eines Knie-Patienten, kann er aus dem Verlauf vor und nach der Operation wertvolle Rückschlüsse ziehen, beispielsweise bezüglich einer gezielteren, individuell angepassten Nachsorge oder dem Therapieerfolg."
Bei einer neurodegenerativen Erkrankung lässt sich aus einem digital erfassten Bewegungsmuster ablesen, ob der Betroffene aufgrund der Angst vor Stürzen nicht mehr Treppen steigt oder das Haus verlässt. "Nur früh erkannt, kann diese entstehende Spirale unterbrochen worden", sagt Prof. Jonas. Bei Demenz und Alzheimer legt er auch ein besonderes Augenmerk auf Muster in der Erstellung von Sprachnachrichten. Dabei geht es ihm aber nicht um die Inhalte, sondern um Grammatik, Interpunktion, Schreibgeschwindigkeit oder Verzögerungen vor längeren Wörtern. "Dies alles kann wertvolle Hinweise liefern, ob eine Person Defizite in der Kognition entwickelt", sagt Prof. Jonas.
"Bei meiner Forschung geht es um empfindliche Daten aus Lebenssituationen in Kombination mit klinischen Daten. Deren Schutz ist mir ganz wichtig", sagt Prof. Jonas. Hier hat er bereits viel Erfahrung gesammelt, unter anderem bei der Entwicklung einer Warn-App für Depression über die verwendete Sprache in Nachrichten. Aus einem Wörterkatalog und den Daten kann ein Algorithmus depressive Schlagworte erkennen und bestimmten Symptomen zuordnen. Bei einer gehäuften Verwendung negativer Wörter, die auf einen Suizidgedanken hinweisen, wird der Alarm nur an eine vom Verwender bestimmte Person gesendet. Zudem werden Daten nicht zentral, sondern nur auf dem Gerät des Nutzers gespeichert und verarbeitet.
Prof. Jonas freut sich mit seinem Amtsantritt in Bonn wieder dem SMITH (Smart Medical Information Technology for Healthcare) Konsortium anzugehören. Es soll im Rahmen der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Medizininformatik-Initiative (MII) Daten aus der Krankenversorgung bundesweit digital vernetzen und so für die medizinische Forschung nutzbar machen.
MEDICA.de; Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn