Bei Herz- und/oder Lungenversagen kann eine Herz-Lungen-Maschine verwendet werden, um die Organfunktion Tage bis Wochen aufrechtzuerhalten. Obwohl die Technologie der extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) inzwischen weit fortgeschritten ist, kann deren Einsatz bei Patientinnen und Patienten immer noch tödliche Komplikationen hervorrufen.
Forschende der MedUni Wien zeigten in einer aktuellen Studie mit Intensivpatientinnen und -patienten des Universitätsklinikums AKH Wien, dass der Wirkstoff Prostaglandin E1 die Sicherheit des Verfahrens erhöhen kann. Die Studie wurde in American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine publiziert.
Herz-Lungen-Maschine: Wirkstoff Prostaglandin E1 verringert Risiko für Patientinnen und Patienten.
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Bei ihren Forschungen setzte das wissenschaftliche Team unter der Leitung von Thomas Staudinger von der Universitätsklinik für Innere Medizin I von MedUni Wien und AKH Wien auf Prostaglandin E1 (PGE1). Das ist ein in der Medizin bekannter und verschiedentlich eingesetzter Wirkstoff, der einen Effekt auf Blutplättchen und Gefäßsystem hat. Die Forschenden gingen von der Hypothese aus, dass PGE1 die Verträglichkeit von körpereigenem Blut mit körperfremden Oberflächen verbessert. Schließlich stellt bei der ECMO-Therapie der Kontakt des Bluts mit körperfremden Oberflächen trotz medizinischer Fortschritte bis heute ein Risiko für die Entstehung von Blutgerinnseln dar. Wie sich in der Studie zeigte, wiesen jene Patientinnen und Patienten,die PGE1 erhalten haben, seltener Gerinnselbildungen und sichtbare Blutungszeichen auf. Somit gilt der Wirkstoff als große Hoffnung, um die Sicherheit beim Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine zu erhöhen.
Die Studie wurde im wissenschaftlich als besonders hochwertig geltenden Design randomisiert, Placebo-kontrolliert und doppel-blind durchgeführt. Teilgenommen haben Patientinnen und Patienten mit Lungenversagen an zwei Intensivstationen des Universitätsklinikums AKH Wien. Die Teilnehmenden erhielten nach dem Zufallsprinzip (randomisiert) eine intravenöse Infusion von PGE1 oder Kochsalzlösung (Placebo-kontrolliert). Zusätzlich wurde standardmäßig eine Blutverdünnung mit unfraktioniertem Heparin verabreicht. Weder die Patientinnen und Patienten noch das behandelnde Team kannte die eingesetzte Substanz PGE1 oder Placebo (doppel-blind). Insgesamt bekamen im Rahmen der Studie 24 Patientinnen und Patienten PGE1 und 24 Patientinnen und Patienten ein Placebopräparat.
ECMO wird bei Patienten mit Herz- und/oder Lungenversagen zur extrakorporalen Sauerstoffanreicherung des Bluts eingesetzt. Dabei wird mit Hilfe eines Schlauchsystems Blut aus einer großen Körpervene entnommen, über eine Membran außerhalb des Körpers (extrakorporal) künstlich mit Sauerstoff angereichert und anschließend in ein weiteres großes Blutgefäß nahe dem Herzen in den Körper zurückgepumpt. Trotz der mittlerweile fortschrittlichen Technologie stellt bei diesem Vorgang der Kontakt des menschlichen Bluts mit körperfremden Oberflächen einen Knackpunkt dar. Es kann dabei in Folge einer physiologischen Abwehrreaktion zu einer Aktivierung des Blutgerinnungssystems und schließlich zur Ausbildung eines Blutgerinnsels kommen, das sowohl die Herz-Lungen-Maschine als auch die körpereigenen Gefäße verstopfen würde.
Um das zu verhindern, ist eine medikamentöse Therapie mit blutverdünnenden Substanzen notwendig. Diese müssen so dosiert werden, dass einerseits keine Gerinnsel entstehen und andererseits keine Blutungen auftreten. Diese Balance zu finden, ist eine große Herausforderung beim therapeutischen Einsatz von ECMO. "Eine Therapie mit Prostaglandin E1 könnte hier Abhilfe schaffen. Deren Effektivität muss aber noch in größer angelegten Studien bestätigt werden“, sagt Studienleiter Thomas Staudinger.