Wie verändert Ihr System die Untersuchung einer Gewebeprobe?
Driesel: An dieser Stelle ist wichtig zu wissen, wie die Präanalytik im Pathologielabor genau aussieht. Sie besteht aus mehreren Schritten, von denen wir mit unserem System den ersten und gleichzeitig kritischsten Teil abdecken. Wenn die Probe im Labor ankommt, wird sie zunächst umgepackt und registriert. Danach wird sie entwässert, in Paraffinwachs eingegossen und geschnitten. Dieser dünne Schnitt wird auf einen Objektträger aufgebracht, gefärbt, abgedeckt, und erst dann kann der Pathologe sich das Gewebe unter dem Mikroskop ansehen.
Unser System automatisiert in diesem ganzen Prozess die Probenregistrierung und -vorbereitung. In unserem Automaten findet also im Prinzip nicht die Untersuchung selber statt, sondern nur die Vorbereitung. Wir stellen erst mal sicher, dass die richtigen Daten zur richtigen Probe gehören. Das Gerät erfasst die Daten, entfernt das Formalin, beschriftet und fotografiert zusätzlich die Probe. Damit werden dem Pathologen weitere Informationen für seine Diagnose geliefert. Neben einer genaueren Makroskopie, die exakte Informationen zu Größe, Form und Oberflächenstruktur der Probe liefert, arbeiten wir auch mit Machine Learning und forschen zusätzlich an den Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz.
Sie sprachen gerade von Machine Learning. Inwiefern wird das irgendwann die Arbeit per Hand und damit den Menschen ersetzen?
Driesel: Künstliche Intelligenz birgt unserer Meinung nach bislang ungenutzte Potenziale, die in den kommenden Jahren rasant an Relevanz gewinnen werden. Das Thema Mensch-Maschine-Interaktion spielt ja bereits eine sehr große Rolle. Uns ist wichtig, dass Maschinen an der Stelle eingesetzt werden sollten, wo sie Sinn machen. Sie können dem Menschen monotone, aber auch gefährliche Arbeiten abnehmen. Das hat natürlich auch viel mit Arbeitsschutz zu tun. Wir müssen bedenken, dass die Medizinisch-technischen Angestellten den ganzen Tag mit Formalin arbeiten und somit einem potenziell gesundheitsschädlichen Stoff ausgesetzt sind. Gerade bei solchen Prozessschritten ist der Einsatz einer Maschine sinnvoll, während die Labormitarbeiter Zeit für ganz andere wichtigen Aufgaben gewinnen, bei denen sie als Mensch gebraucht werden und unersetzlich sind. Das Ziel ist letztendlich eine ganzheitlich vernetzte Diagnostik, in der Mensch und Maschine perfekt zusammenarbeiten.