Welche Rolle spielen Wearables dabei?
Löllgen: Wearables spielen aus meiner Sicht eine sehr große Rolle, weil der Patient dann – je nachdem, was er für Geräte hat – sehen kann, was er pro Tag gemacht hat. Dabei geht es nicht nur darum zu überprüfen, ob die Patienten sich wirklich bewegen, sondern auch wie viel. Gerade jüngere Patienten überfordern sich oft. Mit Wearables kann der Patient direkt sehen, wie viel er schon getan hat, und aufhören, wenn es genug ist. Erfahrungsgemäß lässt jedoch das Tracking von Puls, Schrittzählung und ähnlichem mit der Zeit nach. Es ist dann natürlich ebenfalls Aufgabe des Arztes, nochmal nachzufragen und die Patienten daran zu erinnern, dass sie etwas haben, an dem sie sich orientieren können. Ich schreibe den Patienten zum Beispiel auf, dass sie fünf Mal pro Woche 30 Minuten schnell spazieren gehen sollen. Sie kommen dann nach etwa zwei bis drei Monaten wieder in meine Praxis und berichten, was sie getan haben. Dieses Monitoring ist ganz wichtig. Das Erstaunliche ist, dass die Patienten selbst den positiven Effekt feststellen und ein regelrechtes Erfolgserlebnis haben, das sie motiviert, weiterzumachen. Generell halte ich Wearables dabei für eine ganz wichtige unterstützende Maßnahme.
Sie sind an der Konzeption der MEDICA MEDICINE & SPORTS CONFERENCE beteiligt. Welche aktuellen Trends in der Sportmedizin spiegeln sich dort wider?
Löllgen: Das sind einige! Ein großer Trend ist die individualisierte oder personalisierte Sportmedizin, und das geht auch mit dem Rezept für Bewegung einher. Wir sind also in der Lage, dem Patienten eine auf den Leib geschneiderte Bewegungstherapie anzubieten – ganz nach seiner individuellen Leistungsfähigkeit. Ein weiteres Thema ist die Frage der genetischen Berücksichtigung. Wir wissen zum Beispiel, dass bestimmte genetische Kombinationen die Erfolge einer Bewegungstherapie begünstigen. Wir kennen zwar noch nicht alle genetischen Faktoren, die damit zusammenhängen, aber da ist in Zukunft sicherlich noch einiges zu erwarten. Interessant ist auch die sogenannte Präkonditionierung, also das körperliche Training vor operativen Eingriffen. Das geht natürlich nur bei elektiven Eingriffen, nicht bei Notfalleingriffen. So können zum Beispiel Patienten, die in ein oder zwei Wochen eine Bypass-Operation haben, vorher auf niedrigem Niveau trainieren. Im Resultat haben sie weniger Komplikationen und sind nach dem Eingriff schneller wieder auf den Beinen. Das scheint sich in einigen operativen Fächern wirklich zu bewähren. Die Sportmedizin birgt meiner Meinung nach insgesamt ein riesiges Potenzial – ganz besonders dann, wenn die Nachbarfächer mit der Sportmedizin und die Sportmedizin mit den Nachbarfächern kooperieren.