Im Interview mit MEDICA.de spricht Prof. Ulf Müller über ausgetrocknete Bandscheiben, die Rolle Künstlicher Intelligenz in der Medizin und darüber, was in den Polstern steckt.
Das Labor für Fertigungssysteme der TH Köln hat SensA-Chair entwickelt. Worum genau handelt es sich dabei?
Prof. Ulf Müller: SensA-Chair ist ein vom BMBF gefördertes Forschungs- und Entwicklungsprojekt, dass das Labor für Fertigungssysteme der TH Köln im Verbund mit drei Industriepartnern und zwei weiteren Hochschulen durchgeführt hat. In diesem Projekt wurde ein intelligentes Sitzsystem entwickelt, das den Menschen vor den gesundheitlichen Folgen des langen, statischen Sitzens durch die unveränderte Haltung bewahren soll, indem es aktiv dynamisches Sitzen durch regelmäßige Sitzhaltungswechsel fördert.
Langes Sitzen belastet unseren Rücken und die Wirbelsäule – wie kann man sich diese Belastung vorstellen?
Müller: Die Rückenmuskulatur und die Wirbelsäule müssen die Belastungen durch das eigene Körpergewicht sowie durch physische Tätigkeiten ertragen. Bewegungsmangel lässt die Muskulatur und die Bandscheiben, die zwischen den Wirbelkörpern der Wirbelsäule sitzen und als Dämpfer fungieren, verkümmern bzw. degenerieren. Das gilt vor allem für das Sitzen.
Durch das lange Verharren in der gleichen Sitzhaltung gerät die Versorgung der Bandscheibe mit Sauerstoff und Nährstoffen ins Stocken und sie trocknet aus bzw. versprödet. Nur durch regelmäßige Bewegung, d.h. durch Be- und Entlastung der Bandscheiben können durch Diffusion die Nährstoffe aus dem umliegenden Gewebe in die Bandscheibe gelangen und halten sie weich und elastisch, so dass diese die auf sie wirkenden Belastungen aufnehmen kann. Das Gleiche gilt für die Rückenmuskulatur.