Es zeigte sich, dass insbesondere Migräneerkrankungen mit Aura (d. h. mit vorangehenden Sehstörungen wie Flimmern oder Lichtblitzen oder auch neurologischen Symptomen) mit einem leicht erhöhten Schlaganfallrisiko einhergehen. In der ARIC-Studie ("Atherosclerosis Risk in Communities") fand sich darüber hinaus eine Assoziation zwischen Migräneanamnese und Veränderungen der weißen Hirnsubstanz (sogenannte Hyperintensitäten im MRT), schlaganfallähnlichen Läsionen ("stumme Infarkte") sowie Gehirnvolumenänderungen in der zerebralen Bildgebung. Solche Auffälligkeiten im Hirngewebe sind wiederum mit einem erhöhten Risiko kognitiver Störungen assoziiert, woraus sich die Frage ergibt, ob eine Migräne selbst auch einen Risikofaktor für die Entwicklung einer Demenzerkrankung darstellt. Nur wenige Studien haben dies bisher untersucht. Meist waren es kleine, retrospektive Studien oder Analysen mit kurzem Follow-up. Nun wurde die erste prospektive Studie zur Frage der Assoziation von Migräne und Demenz anhand einer großen U.S.-amerikanischen Kohorte publiziert.
Die Migräneanamnese wurde in der Studie mit einem Fragebogen erhoben (Symptome entsprechend den Kriterien der "International Headache Society"), Patienten mit vorbestehender Demenz oder Schlaganfällen wurden ausgeschlossen. Die Diagnose Demenz wurde anhand von kognitiven Tests, neuropsychologischen Untersuchungen und der klinischen Beurteilung von Verdachtsfällen gestellt. Die Inzidenzberechnung beruht auf den bestätigten Fällen, telefonischen Verlaufskontrollen und der Erfassung von Klinikdiagnosen und Todesursachen. Es wurden 12.495 Teilnehmer, darunter 1.397 Migränepatienten, im Alter zwischen 51-70 Jahren analysiert, die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 21 Jahre.
Im Ergebnis errechnete sich bei den Teilnehmern ohne Migräne eine Demenz-Prävalenz von 18,5% (1821/9955), von 16,7% (233/1397) bei Migränepatienten, und von 15,8% (196/1243) bei schweren Nicht-Migräne-Kopfschmerzen in der Anamnese. Insgesamt gab es statistisch keine Assoziation zwischen Migräne und der Demenz-Inzidenz [HR 1,04]. Es wurden außerdem Kovariablen erfasst und überprüft, die einen Einfluss auf die Ergebnisse haben könnten (z. B. Alter, Geschlecht, Abstammung, Bildungsstatus, Einkommen, Nikotin- und Alkoholkonsum, Bluthochdruck, BMI, Diabetes mellitus, koronare Herzerkrankung, Cholesterin). Es fand sich auch keine statistisch bedeutsame Interaktion zwischen Migräne, Demenz und den einzelnen Kovariablen. Allerdings könne anhand der Studiendaten, so die Autoren, nicht differenziert werden, ob möglicherweise weitere Charakteristika wie das Patientenalter zu Migränebeginn oder die Anzahl und der Schweregrad der Migräneanfälle mit einer Demenzentstehung assoziiert sind, dazu müssten noch größere Patientenzahlen analysiert werden.
MEDICA.de; Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.