Leistungsdiagnostik im Zeitalter der Digitalisierung
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Leistungsdiagnostik im Zeitalter der Digitalisierung
Interview mit Prof. Christine Graf, Leiterin der Abteilung für Bewegungs- und Gesundheitsförderung am Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft, Deutschen Sporthochschule (DSHS) Köln.
01.07.2019
Leistungsdiagnostika – nicht nur bei Sportlern, sondern auch bei Menschen mit chronischen Erkrankungen dienen sie der adäquaten Planung von Trainingseinheiten. Die Digitalisierung erleichtert die Diagnostik um ein Vielfaches. Dennoch stehen medizinische Einrichtungen vor berufspolitischen Herausforderungen, die unter anderem auf der MEDICA MEDICINE + SPORTS CONFERENCE 2019 diskutiert werden.
Im Interview mit MEDICA.de spricht Prof. Christine Graf über die Vor- und Nachteile der Leistungsdiagnostika, den spezifischen Nutzen der Laktat-Leistungsdiagnostik sowie die Entwicklung der Sportmedizin im Zeitalter der Digitalisierung.
Welche Varianten der Leistungsdiagnostik gibt es und wo sehen Sie die Vor- und Nachteile?
Prof. Christine Graf: Leistungsdiagnostik umfasst eine Vielzahl verschiedener Herangehensweisen - diese aufzulisten kann sicherlich Lehrbuch-Charakter haben. Am bekanntesten ist neben der Spiroergometrie die Laktat-Leistungsdiagnostik. Dennoch lassen sich in der Praxis, zumindest im Freizeitsportbereich, auch einfachere Methoden anwenden, wie zum Beispiel der Cooper-Test und der Shuttle-Run Test, die auch als App angeboten werden.
Was bringt einem Amateursportler eine Leistungsdiagnostik?
Graf: Die Leistungsdiagnostik spiegelt zum einen den Status quo des Trainingszustandes des Amateursportlers wider, zum anderen können daraus konkrete Trainingsempfehlungen abgeleitet werden, damit sich der Zustand des Sportlers verbessert.
In welchem Stadium macht eine Leistungsdiagnostik am meisten Sinn und in welchem Zyklus sollte diese gemacht werden - bei Trainingsbeginn, während der Trainingsphase, vor dem Wettkampf?
Graf: Leistungsdiagnostik macht vor allem bei Trainingsbeginn und während des Trainings Sinn, um Weichen für zukünftige Trainingseinheiten des Sportlers stellen zu können.
Im Bereich Freizeit werden auch einfache Methoden der Leistungsdiagnostik angewendet, wie zum Beispiel der Cooper-Test und der Shuttle-Run Test, die auch als App angeboten werden.
Im Rahmen der 7. MEDICA MEDICINE + SPORTS CONFERENCE wird der Kurs "Sportmedizinische Laktatleistungsdiagnostik" angeboten. Das Theoriemodul findet im Rahmen der Konferenz statt, das Praxismodul an der Sporthochschule Köln.
Mit welchen weiteren Verfahren sollte man die sportmedizinische Laktat-Leistungsdiagnostik kombinieren?
Graf: Eine Laktat-Leistungsdiagnostik sollte adäquat durchgeführt und interpretiert werden. Wichtig ist zum Beispiel, dass diese möglichst sportart-spezifisch ist. Wenn das nicht möglich ist, sollte zumindest bekannt sein, wie die Empfehlungen der Sportart entsprechend angepasst werden können.
Wer kann die sportmedizinische Laktat-Leistungsdiagnostik durchführen?
Graf: Die entsprechende Laktat-Leistungsdiagnostik können sowohl Sportmediziner, insbesondere mit dem entsprechenden Zusatzzertifikat, als auch ausgebildete Trainer durchführen.
Wo sehen Sie die Herausforderungen in der Sportmedizin in den nächsten Jahren?
Graf: Die Sportmedizin wird im Rahmen der zunehmenden nicht-übertragbaren Erkrankungen beziehungsweise lebensstilbedingten Erkrankungen wichtiger denn je. Kompetente Beratung im Kontext Leistungssport oder bei Vorliegen chronischer Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes, Malignomen oder bei neurodegenerativen Erkrankungen wird immer wichtiger. Das wiederum zeigt die große Bandbreite der Sportmedizin und die berufspolitische Herausforderung als Querschnittsfach - denn leider gibt es kaum Möglichkeiten, entsprechende Beratungen und Untersuchungsverfahren adäquat abzurechnen.
Prof. Christine Graf
Prof. Dr. med. Dr. Sportwissenschaft Christine Graf
Leiterin der Abteilung für Bewegungs- und Gesundheitsförderung am Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft der Deutschen Sporthochschule (DSHS) Köln.
Ärztin und Dozentin an der DSHS Köln; fachliche Schwerpunkte sind die Prävention und Therapie kardiometabolischer Erkrankungen, insbesondere Übergewicht und Adipositas. Dabei liegt der Fokus insbesondere auf der Förderung eines gesunden Lebensstils bei Kindern und Jugendlichen in verschiedenen Lebenswelten (Kindergärten und Schulen; Kommunen), aber auch jungen Familien, u.a. Bewegung in der Schwangerschaft.
Zusätzlich ist sie Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention und verantwortlich für Weiter- und Fortbildung.
Haben Sie einen Wandel in der Sportmedizin durch die Digitalisierung wahrgenommen? Und wenn ja, inwieweit?
Graf: Ja, sehr deutlich - ich persönlich nehme den Wandel der Sportmedizin durch die Digitalisierung unter anderem im Kontext der Trainings- und Test-Apps wahr, die Bewegungsmangel anzeigen. Ich sehe hier dank der Digitalisierung große Chancen für zukünftige sportmedizinische Untersuchungen.
Was erwarten Sie von der 7. MEDICA MEDICINE + SPORTS CONFERENCE am 20. und 21. November?
Graf: Ich freue mich über einen kollegialen Austausch und erwarte die Möglichkeit, die Bedeutung der Sportmedizin, besonders als Präventivmedizin, stärker zu verankern. Dazu kann und wird ein sehr praxisorientierter Kurs erheblich beitragen.