In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften (MPI-NAT), dem Sonderforschungsbereich 1286, und der Firma abberior Instruments GmbH gelang es ihnen, höchstauflösende 3D-MINFLUX-Nanoskopie mit einer neuartigen Technik der Gewebeimmobilisierung zu kombinieren. So ließen sich dreidimensionale Detailaufnahmen von der aktiven Zone der Synapse mit einer Präzision von wenigen Nanometern erstellen. Auf diese Weise konnten die Forscher die molekulare Landkarte der aktiven Zone von Photorezeptoren entschlüsseln. Die Bilder und Erkenntnisse wurden in Science Advances veröffentlicht.
Bei der Wahrnehmung und Weiterleitung von Signalen aus der Umwelt spielt die aktive Zone von chemischen Synapsen eine große Rolle. Wird eine Nervenzelle durch einen äußeren Reiz erregt, verschmelzen in dieser besonderen Ausschüttungszone Transporter-Strukturen, sogenannte synaptische Vesikel, mit der Membran. Dabei werden Neurotransmitter freigesetzt. Diese chemischen Botenstoffe gelangen durch den synaptischen Spalt an eine nachgeschaltete Nervenzelle und geben so die Reizinformation weiter. Wie genau die Organisationsstruktur der aktiven Zone aussieht, war bisher nicht bekannt.
Dem Team um Prof. Moser gelang es nun gemeinsam mit abberior Instruments, diese erstmals sichtbar zu machen und eine molekulare Landkarte der aktiven Zone der Synapsen von Stäbchen-Photorezeptorzellen aus der Netzhaut des Auges zu erstellen. Stäbchenzellen spielen für die Bildwahrnehmung eine Rolle und sind aufgrund ihrer komplexen Morphologie ein attraktives Ziel für den Einsatz hochauflösender 3D-Bildgebungsverfahren.
"Über eine neuartige Technik der Probenimmobilisierung, die wir als wärmeunterstützte schnelle Dehydrierung (Heat Assisted Rapid Dehydration; HARD) bezeichnen, wird eine dünne Schicht von synaptischen Stäbchenendigungen von frischen Netzhautschnitten auf Glasdeckgläser aufgebracht", sagt Dr. Chad Grabner, vom MPI-NAT und der UMG und einer der beiden Erstautoren. "In Kombination mit dem von Nobelpreisträger Prof. Stefan W. Hell vom MPI-NAT entwickelten optischen 3D-MINFLUX-Nanoskopie-Verfahren lassen sich damit für die Signalübertragung wichtige Proteine an den bandförmigen aktiven Zonen der zuvor fluoreszenzmarkierten Stäbchensynapsen in bisher unerreichter Präzision in 3D abbilden", so die zweite Erstautorin Dr. Isabelle Jansen von der abberior Instruments GmbH. Das kombinierte Verfahren ermöglichte die räumliche Darstellung von etwa 1.000 Einzelmolekül-Fluoreszenzereignissen mit einer Auflösung von vier bis sechs Nanometern in weniger als 30 Minuten.
Die Forschenden zeigten zudem erstmals, dass die Proteine der aktiven Zone über etwa einen Mikrometer wie Bahngleise in parallelen Reihen auf beiden Seiten der bandförmigen Zone angeordnet sind. Eine Kontinuität, die darauf hindeutet, dass die Vesikel-Freisetzungsstellen seriell in regelmäßigen Abständen entlang der aktiven Zone angeordnet sind. Dabei scheinen die Proteine der angenommenen Vesikel-Freisetzungsstellen nur wenige Nanometer voneinander entfernt. "Dies ist eine sehr wichtige Erkenntnis. Sie ermöglicht neue Einblicke in die Struktur und Funktion der Stäbchensynapse und der aktiven Zone im Allgemeinen", sagt Moser. "Unsere Studie zeigt darüber hinaus, dass die Kombination aus MINFLUX und HARD-Technologie einen leistungsfähigen Ansatz darstellt, um die Struktur von Synapsen und anderen nanoskaligen Funktionseinheiten von Zellen im gewebenahen Kontext zu entschlüsseln."
MEDICA.de; Quelle: Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität