Welche Vorteile bietet die Software im Gegensatz zu bestehenden Methoden der ADHS-Diagnostik bei Kindern?
Lenhard: Das Verfahren greift auf etablierte Ansätze zurück. Wir sehen die Vorteile des Verfahrens, darin, dass wir die bestehenden Informationen auf eine neue Art und Weise verknüpfen. Wir haben alle Informationsquellen kontinuierlichen Normierungen unterzogen, was bedeutet, dass der Alterseffekt kontrolliert wird. Die Normtabellen sind wochengenau im Vergleich zu vielen anderen Verfahren, die nur Jahresnormen haben. Denn bei den Leistungen von Kindern finden sehr schnelle Entwicklungen statt, die so besser erfasst werden können. Durch die verschiedenen Informationsquellen – objektive Leistungsmessung, Elternurteil und Lehrkräfteurteil – kann besser überprüft werden, ob die Ergebnisse konsistent sind, ob eins aus dem Rahmen fällt und welche in solchen Fällen valide sind. Alle diese Vergleiche sind psychometrisch abgesichert, sodass die Verlässlichkeit der Ergebnisse beurteilt werden kann. Auf diese Art und Weise erhalten wir ein ausgewogenes Bild zur ADHS-Diagnostik bei Kindern.
Wo liegen noch Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich der Diagnostik von psychischen Erkrankungen bei Kindern?
Lenhard: Generell ist das Thema psychische Gesundheit bei Kindern ein sehr brisantes und aktuelles Thema. Während der Covid-19-Pandemie sind viele Kinder in eine sehr schwierige Lage gekommen, ohne dass es immer frühzeitig erkannt wurde. Oft fielen Probleme erst dann auf, wenn diese bereits klinisch relevant waren oder sich so zugespitzt hatten, dass etwas passieren musste. Daher sind Prävention und eine frühe Erkennung von Fehlentwicklungen äußerst wichtig. Es ist natürlich schwer, frühzeitige Maßnahmen zu etablieren, aber gerade Früherkennung kann bei Kindern viel bewirken. Dagegen ist die Methodik in der Diagnostik ein Bereich, in dem sich bereits viel weiterentwickelt, beispielsweise wie Prozessdaten verwendet werden und der Fokus nicht mehr nur auf subjektiven Fragebögen liegt. Auch die Normierung ist ein wichtiger Punkt, um genaue Vergleichsergebnisse zu erhalten. Hier brauchen wir repräsentativere und größere Stichproben mit einer guten Methodik.