Weshalb ist es so wichtig für die Demenz-Prävention auf mehreren Ebenen vorzusorgen, also nicht nur mit kognitiven Übungen?
Felix Bicu: Wissenschaftliche Studien in den letzten Jahren haben deutlich gezeigt, dass nur die Kombination verschiedener Behandlungselemente einen echten Effekt auf Vorbeugung einer dementiellen Entwicklung hat. Das ist auch ganz logisch, denn es gibt verschiedene Risikofaktoren für Demenz. Dazu gehören auch Hörverlust, Übergewicht und Diabetes mellitus. Wenn wir also ganz viel Gehirntraining machen, aber alle anderen Risikofaktoren nicht beachten, kann jeder dieser Faktoren Veränderungen im Gehirn auslösen, die eine Vergesslichkeit und im Endstadium sogar eine Demenz verursachen können.
Die App ist im Google Play Store und im Apple Store erhältlich. Was sind die nächsten Ziele?
Dr. Stein: Die App ist inzwischen auch ein Medizinprodukt, was ein wichtiger Meilenstein für uns ist. Damit ist die App als sicheres und wirksames Produkt verfügbar. Als nächstes steht bei uns die Nutzendengewinnung im Fokus. Viele Betroffene wissen noch gar nicht, dass es memodio gibt. Das muss sich ändern. Entscheidend ist dabei auch, dass die App zeitnah von Krankenkassen erstattet wird. Dazu verhandeln wir gerade mit mehreren Krankenkassen Selektivverträge. Außerdem planen wir derzeit mehrere Studien, um noch mehr Daten zur Anwendung von memodio bei unseren Anwendenden zu sammeln.
Sind Apps wie memodio die Zukunft der Gesundheitsvorsorge?
Bicu: Gesundheitsapps haben viele Vorteile, die konventionelle Diagnose- oder Behandlungsmethoden nicht bieten können: Sie sind immer und überall verfügbar, erzeugen weniger Personalaufwand und Kosten und können Daten unkompliziert und automatisiert übermitteln.
Dr. Stein: Natürlich sind auch Apps keine Wunderheilmittel. Aber sie erfüllen eine wichtige Funktion: Sie können die konventionelle Behandlung – vor allem von chronischen Erkrankungen – durch regelmäßige Therapiesitzungen, die von Patientinnen und Patienten selbstständig zu Hause durchgeführt werden, ergänzen und manchmal sogar ersetzen. In unserem Fall zum Beispiel gibt es für Menschen mit leichter kognitiver Störung – der Vorstufe von Demenz – keine andere zugelassene Behandlung. Das heißt, die memodio-App ist die einzige, speziell für Demenz-Vorstufen zugelassene Behandlungsform. Das ist ein Meilenstein im Bereich der Therapie kognitiver Einschränkungen. Für die Zukunft wünschen wir uns vor allem, dass in Gesundheitsapps stärker das Potenzial für innovative Versorgung gesehen wird. Dieses voll auszuschöpfen ist die Aufgabe der kommenden Jahre.