Großes Potenzial zur Reduktion von Emissionen hätten digitale Technologien, so Michelle Dürksen. Als Sustainability Consultant bei Atos weiß sie, wovon sie redet. Im Interview mit MEDICA.de spricht sie darüber, welche Rolle Digitalisierung bei der Dekarbonisierung spielt und wie der Schritt zu einem Green Hospital gelingen kann.
Frau Dürksen, die zunehmende Digitalisierung hat einen Anteil an hohen Kohlenstoffemissionen. Es klingt also erst einmal unlogisch, dass gerade mehr digitale Technologien zu mehr Nachhaltigkeit beitragen sollen. Wie können sie helfen, ein Net-Zero-Ziel zu erreichen, also ein Gleichgewicht zwischen den emittierten und eingesparten Emissionen?
Michelle Dürksen: Im Einsatz von digitalen Technologien zur Reduktion von Emissionen steckt ein immenses Potenzial: Während sie auf der einen Seite rund 1,4 Prozent der globalen CO2-Emissionen ausmachen, können sie diese andererseits bis 2030 um rund 15 Prozent reduzieren.
Allerdings verfügt nur etwa ein Fünftel der Unternehmen über eine Strategie, die nachhaltige IT inkludiert. Hier besteht also noch erheblicher Aufholbedarf.
Beispiele für digitale Lösungen, welche zum Erreichen des Net-Zero-Ziels einer Organisation beitragen können, sind zum Beispiel Tools, die das Messen des CO2-Fußabdrucks ermöglichen, Maßnahmen zur Verbesserung von Prozessen und die Optimierung der verwendeten Hardware. Viele dieser Schritte können – auf längere Sicht – neben der Nachhaltigkeit auch eine Kosteneinsparung erzielen.
Was können Krankenhäuser ganz konkret tun, um Dekarbonisierung zu erreichen?
Dürksen: Der erste Schritt eines jeden Krankenhauses sollte es sein, einen CO2-Fußabdruck zu berechnen, um einen Überblick über alle direkten und indirekten Emissionen zu erlangen. Idealerweise sind hier viele Stakeholder involviert – dies erzeugt im Team ein Verständnis für das Nachhaltigkeitsthema , das für die notwendige Anpassung von Verhalten und Prozessen unverzichtbar ist.
Darauf aufbauend können im zweiten Schritt konkrete Emissionsreduktionsziele definiert werden. Der nächste Schritt beinhaltet die konkrete Reduktion von Emissionen. Dies kann beispielsweise die Umstellung auf erneuerbare Energien, die Implementierung von Energieeffizienzmaßnahmen oder auch die Reduktion von Abfall beinhalten. Der letzte Schritt beinhaltet die Kompensation der unvermeidbaren Emissionen. Die Kompensation wird über den Kauf von Emissionszertifikaten (Carbon Credits) erlangt. Durch diese werden Klimaschutzprojekte finanziert, welche entweder verhindern, dass Emissionen zukünftig in die Atmosphäre gelangen oder welche diese aus der Atmosphäre entziehen.